Die Gewerbetreibenden in der Stuttgarter Eberhardstraße atmen auf: Der Autoverkehr ist zurück! Seit Ende 2019 war die Straße nur für Radfahrende und Zu-Fuß-Gehende geöffnet. Eine Katastrophe für den Handel in der Straße, denn schließlich konnten seitdem keine Autos mehr zum Einkaufen vorfahren. Bis auf Lieferverkehr, Taxis und Zufahrt zu Behindertenparkplätzen waren keine Kraftfahrzeuge mehr zugelassen. Wer hätte da noch zum Einkaufen vorbeikommen sollen?
Die wenigen Parkplätze für die sogar einzeln besetzten Autos waren im Lauf der Zeit durch unzählige Fahrrad-Parkplätze ersetzt worden. Zusammen mit den Kundinnen und Kunden, die nur zu Fuß hier waren, nahmen die Radfahrenden den Autofahrenden den Platz vor und in den Geschäften und der Gastronomie weg. Gerade die zunehmende Außengastronomie wurde kritisch gesehen: Dort, wo jetzt zehn oder mehr Leute essen und trinken, hätte auch ein Auto parken können. Den Dauerparkern, die ganz woanders einkaufen oder arbeiten, wurde es so unnötig schwer gemacht. Doch mit der Öffnung der Eberhardstraße ist nun wieder die Suche nach Parkplätzen, das Parken vor Ort und sogar das reine Durchfahren möglich. Somit ist der Duft der Motoren und des Kraftstoffs zurück, und die bedrückende Stille entlang der Straße hat ein Ende, ebenso die Tatsache, dass viele Leute die Straße einfach dort überquert haben, wo sie wollten. Diese Gefahr ist nun gebannt, insbesondere mit Hilfe der großen und schnellen Autos, die für Sicherheit auf der Straße sorgen und den Fußverkehr auf den Gehwegen möglich machen. Ebenso halten sie die Radfahrenden von der ehemalige Fahrradstraße fern, die als beliebte Strecke und Aufenthaltsort für die Fahrerinnen und Fahrer dieser leichten Zweiräder galt, die teils sogar ohne Schutzkleidung oder Helm fuhren.
Mit der Wiedereinrichtung der Parkflächen sind die Geschäfte nun auch durch eine Reihe Fahrzeuge abgeschottet, die nicht nur Sicherheit vor Radverkehr bieten, sondern den Händlern auch die Einrichtung von größeren Außenverkaufsflächen ersparen. Der Dank gilt insbesondere der Stadt Stuttgart, die schon früh die Einfahrt von Autos in die Fahrradstraße erleichtert hat, z.B. durch schonende Beschilderung. Gerade Auswärtige fanden sich so schnell zurecht, auch ganz ohne Ordnungsamt und Polizei.
Nach dem Erfolg der Öffnung der Eberhardstraße werden auch Möglichkeiten geprüft, andere verkehrsberuhigte Bereiche wieder zu öffnen und damit den Fuß- und Radverkehr zurückzudrängen. Auf dem Markplatz finden bereits Bauarbeiten für die neue zentrale Parkfläche statt, die bei Bedarf auch auf den Schillerplatz erweitert werden kann. Der Handel in der Innenstadt verspricht sich dadurch attraktive Parkflächen in unmittelbarer Nähe, die auch die lästige und zahlreich gewordene Laufkundschaft fernhalten. Nachdem jahrelang dem Automobil zu wenig Platz zugestanden wurde und zu strenge Umweltmaßnahmen getroffen wurden, soll so der Innenstadt wieder eine neue Qualität ermöglicht werden. Breite Gehwege, attraktive Außenbereiche und Begrünung locken nur unnötig Menschen an und sind in der engen Stadt zu platzintensiv. Sie müssen zugunsten von Straßen und Parkraum reduziert werden. Auch die Automobilindustrie wird hiermit gestärkt, denn gerade in der dicht bebauten und dicht besiedelten Innenstadt können die platzintensiven Kraftfahrzeuge ihre Stärke ausspielen, wie die langen mehrspurigen Fahrzeugreihen zeigen, die in anderen Städten stehen, gerade auch international.
Doch es gibt Stimmen, auch aus Reihen von Handel und Gastronomie, die Fuß- und Radverkehr in der Innenstadt begrüßen und die Rückkehr zum Autoverkehr in der Eberhardstraße für einen Scherz halten. Schließlich wäre das ja der erste Schritt zur innenfreien Autostadt.