Im asiatischen Stadtstaat Singapur gibt es etwa 570.000 KFZ bei ca. 5,6Mio Einwohner:innen. Das ist eine Quote von ungefähr 10%. In Deutschland ist diese Quote meist bei 40-50%; Stuttgart hat gut 303.000 Autos (Quelle) bei 614.000 Einwohner:innen (Quelle – also 49%). Und obwohl es dort so relativ wenige Autos gibt, ist es für die Menschen dort zu viel. 2018 wurde eine neue Regelung eingeführt, bei der keine neuen Autos mehr zugelassen werden durften. Ein neues Auto darf man dort nur noch zulassen, wenn ein altes dafür abgemeldet wird.
Sowohl bei der ARD als auch beim ZDF wird darüber berichtet, dass eine solche Registrierung für ein neues Auto 35.000€ oder 80.000$ kostet, während sie lediglich 10 Jahre lang gültig ist und nur per Losverfahren vergeben wird.
Autor: X-tof
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Singapur: keine neuen KFZ
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Toronto: Umsatzsteigerung nach Streichung von Parkplätzen
In der kanadischen Metropole Toronto wurde jahrelang für den Radweg entlang einer großen Hauptverkehrsstraße gekämpft. Als 2016 dann endlich 136 Parkplätze auf einem 2,4km langen Stück der Bloor Street entfielen, wurde vom Handel und den Restaurants Umsatzeinbußen befürchtet. Allerdings ist das Gegenteil passiert. Es kamen mehr Kunden, die dazu noch mehr Geld ausgaben. Vergleiche mit ähnlichen Straßen zeigten, dass die Umsatzsteigerung dort geringer ausgefallen ist.
Bei der Welt kann man die Nachricht dazu lesen, es gibt auch einen Link zur wissenschaftlichen Studie, die zu dem Schluss kam, dass dieser Radweg einen neutralen bis positiven Effekt auf die lokalen Geschäfte hat.
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Madrid: Umsatzsteigerung nach Sperrung für Autos
Die Stadt Madrid hat im Weihnachtsgeschäft 2018 die Innenstadt für KFZ gesperrt. Dass man dabei selbstverständlich eine Verbesserung der Luftqualität beobachten konnte, sollte eigentlich nicht der Rede Wert sein. Dazu kam jedoch noch eine Umsatzsteigerung der lokalen Geschäfte hinzu.
Nach einer Studie einer Großbank stiegen in den autofreien Gebieten die Verkaufszahlen um 9,5%, während sie in der restliche Stadt lediglich um etwa 3% stiegen, wie in der schweizer Handelszeitung zu lesen ist.
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Baustelle Birkenwaldstraße
Die Stadt baut mal wieder. Diese Baustelle ganz oben an der Birkenwaldstraße, kurz vor der Kunstakademie hat unsere Aufmerksamkeit angezogen. Prinzipiell ist eine Spur gesperrt, die übrige Spur wird mit einer Ampelschaltung im Wechselverkehr geregelt. Soweit nichts besonderes, das passiert öfters.
Was hier aber echt sonderbar ist: Das Geh- und Radweg-Schild fast nicht sichtbar hinter der Ampel, mit dem grünen Pfeil markiert. Es gibt eigentlich Regeln dafür, wie man Schilder aufstellt, die in der Verwaltungsvorschrift zur StVO niedergeschrieben sind. Dort kann man buchstäblich lesen: „Verkehrszeichen sind gut sichtbar [….] anzubringen“ (und vermutlich nur für den Fall gedacht, dass man da irgendwie echt nicht selbst drauf kommt).
Scheinbar kennt niemand der oder die dafür bei der Stadt Stuttgart dafür verantwortlich ist, diese Regeln.
Und natürlich ist ein Baustellen-Fahrzeug nicht weit und parkt mitten auf diesem Geh- und Radweg. Weiter hinten sieht man noch anderes Zeug auf dem Weg stehen und der Schilder-Fuß des blauen Schildes ist eigentlich auch im Weg. Das kann man doch alles nur so machen, wenn man bestenfalls Radfahrer:innen und Fußgänger:innen vollständig ignoriert oder sie absichtlich schikanieren will.
Was das Umleitungsschild hier soll ist unklar. Was es auf dem Geh- und temporären Radweg soll, ist erst recht rätselhaft. Man könnte es problemlos auf die gesperrte Spur stellen. Schließlich gilt es auch für den KFZ-Verkehr und nicht für die Fußgänger:innen.
Nur wenige Meter nach diesem Schild ist wieder einer dieser so typischen Falschparker in Stuttgart. Wie soll man dort noch vernünftig vorbeikommen? Soll hier wieder die alte Regel „Absteigen und schieben“ greifen?
Egal, wann man dort vorbeikommt, dort parkt eigentlich immer jemand.
Wenn man dort vorbei ist wartet gleich die nächste Schikane auf die Radfahrer:innen. Hier ist ein Bordstein mitten auf dem Weg. Natürlich passt man als Radfahrer:in auf, weil man solche Problemstellen aus der ganze Stadt kennt und man es leider nirgendwo nur gemütlich rollen lassen kann. Wäre eine solche Stufe auf irgend einer Fahrbahn, wo auch Autos fahren, die Straße wäre sofort gesperrt, man arbeitete „mit Hochdruck daran“ (Quelle) und innerhalb weniger Tage, wenn nicht Stunden, wäre das Problem gelöst. Bei Radverkehr interessiert sich niemand für problematische Stellen, ganz im Gegenteil, sie werden absichtlich und vorsätzlich erschaffen.
Wenn man hier herumgekurvt ist, hat man nur noch vier Bordsteinkanten im Weg und man freut sich schon, dass es abgesenkte Bordsteine sind. Wir erinnern uns, dass die Stadt das auch ganz anders kann und Radweg über hohe Bordsteine legen kann.
Überraschung! Unsere Umleitung führt uns jetzt direkt in die Baustelle rein. Hier wurde die oberste Schicht des Asphalts abgefräst. Fräskanten und Haufen voller Asphalt-Reste sind jetzt unsere Hindernisse.
Und auch hier wieder ein Falschparker von der Baufirma. Man kann jetzt probieren, ob man gerade noch auf dem schmalen Platz vorbei kommt, der dankenswerterweise noch freigelassen wurde. Dabei wird man wohl noch über den recht hohen Schachtdeckel fahren müssen – aber auch das kennt man zu genüge aus der Stadt.
An einem anderen Tag steht ein Auto vom Tiefbauamt auf diesem Geh- und Radweg. Es ist unerklärlich, wie die Mitarbeiter:innen der Stadt bei mehr als genug freiem Platz dennoch irgendwie auf den Wegen von Fußgänger:innen und Radfahrer:innen parken müssen. Gibt es eine Anweisung bei der Stadt, die so etwas vorschreibt? Eine andere Erklärung ist auch mit Phantasie schwer zu finden.
Dann haben wir es schon geschafft und könnten ungestört auf dem Gehweg weiterfahren. Aber nebenan sind zwei gut ausgebaute Fahrspuren in unsere Richtung. Wir fahren also den hohen Bordstein runter, lassen den Fußgänger:innen ihren Weg und hoffen, dass uns im Autoverkehr nichts passiert.Nach dem ersten Mal auf dieser abenteuerlichen Alternativ-Route beschließen wir, dieses blaue Schild in Zukunft zu ignorieren, auch wenn man dadurch die Ampel sparen könnte. Wir werden weiterhin auf der Straße fahren, wo es keine Falschparker, keinen aufgerissenen Asphalt, keine Haufen, keine Bordsteine oder sonstige Kanten gibt!
Bei all der Aufregung haben wir gar nicht mehr darauf geachtet, wie es wohl für die andere Richtung gelöst war.Stuttgart hat noch einen sehr weiten Weg, um von dem Status Autostadt wegzukommen.
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Zahlen über Kreuzungen und Einmündungen
Zu unserem letzten Bericht über den Test des ADAC (hier die Details dazu) bzgl. der „Radfahrsicherheit an Kreuzungen und Einmündungen“ wurde uns vorgeworfen, dass dort viel zu wenige Fakten enthalten seien. Natürlich geht es dabei viel um Meinungen, denn Fakten sind in solchen Lobby-Diskussionen bloß störend. Allerdings wollen wir hier mal darlegen, wie man zu der Meinung kommt, dass gerade der Radweg zum Pragsattel hoch, bzw. runter, definitiv nicht als „tendenziell positiv“ zu bewerten ist.
Wir sind also nochmal zu diesem Radweg gefahren, der im Ergebnis des ADAC mit zwei von drei Nennungen positiv erwähnt wurde und haben uns das mal genauer angeschaut. Diese Situation wird positiv dargestellt. Dass es ein Zweirichtungsrad-& Gehweg ist, ignoriert der ADAC hier einfach. Die KFZ achten üblicherweise auf den Auto-Verkehr von links und weniger auf Fußgänger:innen und Radfahrer:innen von rechts. Wie auch, durch den Zaun und das Werbeschild ist es ja auch gar nicht möglich, nach rechts zu schauen.
Wenn man sich überlegt, wie man dort überhaupt hinkommt, ist kurz vorher dieser Überweg. In Stuttgart selbstverständlich mit Bettelampeln ausgestattet, die nicht zusammen geschaltet sind. Hier zu sehen, dass eine Ampel grün, die andere rot ist. Das wäre nicht besonders relevant, denn es ist hier noch kein Radweg. Auf jeden Fall hat die mehrspurige Bundesstraße (hier von rechts kommend) sehr lange Grünphasen, während man dementsprechend lange bei rot auf das Fußgänger-Grün warten muss.
Und noch etwas davor sieht man, wie man eigentlich zu diesem Radweg kommen soll. Es ist eine zweispurige Straße, der Gehweg wurde ein bisschen mit Asphalt aufgeschüttet. Ob das eine Einladung an die Radfahrer:innen sein soll, ihn doch zu benutzen, weil sie sonst den „guten Auto-Verkehr stören“? Man weiß es nicht genau. Es wäre auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, hier eine vernünftige Radinfrastruktur einzurichten, es gibt mehr als genug Platz und es ist ein wichtiger Knotenpunkt für die nördlichen Stadtteile (wie z.B. Zuffenhausen oder Stammheim) und Städte (wie Kornwestheim oder Ludwigsburg).
Genug vom Ausflug zum Beginn des Radwegs. Wenn man also an der positiv genannten Stelle (ganz oben) weiter geht, kommt man nach wenigen Meter schon an den nächsten Überweg. Markierungen fehlen hier komplett, sowohl die Einfahrt als auch die Ausfahrt haben keine. Und es gibt wieder eine große Werbetafel, die versucht, die Aufmerksamkeit der Autofahrer:innen vom Straßenverkehr abzulenken.
Kurz drauf dann wieder eine Ampel-Kreuzung. Man muss hier drei Ampeln überqueren, die alle mit dem gelben Bettelknopf ausgestattet sind. Die parallel fahrenden Autos haben grün, die Fahrräder und Fußgänger:innen müssen dennoch warten.
Kurz danach dann ein weiterer Übergang. Es ist eigentlich nur die Ausfahrt des Autohauses. Allerdings haben schon viele Autofahrer:innen entdeckt, dass man diesen Parkplatz nutzen kann, um die eben beschreibene Ampel einzusparen. Wer dort öfters auf dem parallel verlaufenden Radweg fährt, kann das sicherlich bestätigen.
Besonders brisant an dieser Ausfahrt sind die Schilder, die genau im Sichtbereich aufgestellt sind. Wenn ein Auto dort raus fahren will, kann es anrollende Radfahrer:innen überhaupt gar nicht sehen, weil sie hinter den Schildern verborgen bleiben. Wie kann man sowas planen, genehmigen und umsetzen? Und wie kann man einen Radweg mit solch einer Schwäche als „tendenziell positiv“ bewerten?
An der anderen Seite dieses Autohauses kommt schon der nächste Überweg.
Und schon wieder eine Kreuzung. Selbstverständlich muss dort auch wieder eine Bettelampel stehen.
Als nächstes kommt die Waschanlage. Auch hier sind wieder riesige Werbe- und Preisschilder, die die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Nagut, die Einfahrt ist rot angemalt.
Die Ausfahrt ist ebenfalls rot. Allerdings sieht man hier wieder deutlich, dass Farbe nicht schützt. Selbst dieses sehr kleine Auto blockiert den Geh- und Radweg etwa zur Hälfte, während es darauf wartet, sich in den fließenden Verkehr einzufädeln. Für Radverkehr aus beiden Richtungen wird es nun schon eng, trotz dieser roten Farbe.
Als nächstes kommt wieder ein Autohaus mit einer Einfahrt.
Und wenn wir schon beim Autohaus sind: Dort werden die Autos inzwischen täglich im Gras geparkt. Und wenn sie mal auf den Geh- und Radweg überstehen, wird man wohl das Standard-Argument bringen, dass man als Radfahrer:in doch auch mal Rücksicht nehmen könne. Was nichts anderes bedeutet, als dass hier das Recht des Stärkeren durchgesetzt wird.
Die zweite Einfahrt dieses Autohauses fällt zusammen mit dieser Einfahrt in die Tiefgarage des nächsten Gebäudes. Bei dieser Einmündung sind also drei Fahrspuren, die über den Geh- und Radweg führen.
Beim nächste Gebäude wird dann noch eine Spur drauf gelegt. Jeweils zwei Spuren für die Ein- und Ausfahrt für ein Parkplatz und eine Tiefgarage.
Besonders kritisch sind diese drei Extra-Parkplätze. Sie können nur über diesen Geh- und Radwg erreicht werden. Was der Sinn davon ist, wenn man auch den richtigen Parkplatz oder die Tiefgarage nehmen könnte, bleibt offen.
Dann kommt die Tankstelle. Auch hier hat man eine große Preistafel und eine blaue Werbesäule, die um Aufmerksamkeit buhlen. Und der Brückenpfeiler steht so im Weg, dass man als Radfahrer:in von den ausfahrenden Autofahrer:innen auch nur schlecht gesehen werden kann.
Aber die Autofahrer:innen haben beim Verlassen der Tankstelle nicht nur Probleme nach links zu schauen. Auch nach rechts, wo potentiell schnellere Radfahrer:innen den Berg herunter fahren, können sie nicht schauen. Dort ist ein Absatz für den Parkplatz des nächsten Autohauses.
Und selbstverständlich hat dieses Autohaus auch wieder Ein- und Ausfahrten über den Radweg. Hier sind die ersten zwei.
Und dann noch eine für die Tiefgarage und den Parkplatz. Der eine Satz von Pfeilen ist seit einer Baustelle nicht mehr ganz vorhanden, die Fahrrad-Piktogramme kaum noch sichtbar.
Jetzt sind wir schon an der letzten Einmündung auf diesem Geh- und Radweg, wo auch wieder eine Werbesäule steht.
Oben am Pragsattel angekommen, kann man sich nun überlegen, welchen Umweg man nun nimmt. Ob man rechts über vier (teilweise Bettel-) Ampeln an der U-Bahn-Station „Pragsattel“ vorbeiradeln will, wo es recht eng ist, oder ob man über drei Ampeln nach links auf die andere Straßenseite weiterfahren will.
Wenn man nun die Ein- und Ausfahrten auf dieser 1,5km langen (besser gesagt kurzen) Strecke zählt, kommt man auf ganze sechzehn (16) Stück, dazu noch vier Ampeln. Insgesamt sind es ganze 20 Kreuzungen und Einmündungen auf dieser kurzen Strecke. Man kommt als Radfahrer:in also etwa 75m weit, bis man wieder aufpassen muss, ob man von potentiell querenden Autofahrer:innen gesehen wird.
Ein solcher Radweg kann doch nicht als „tendenziell positiv“ angesehen und dazu noch als Positivbespiel genannt werden!
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Status: Fahrrad-Garagen
Vor recht genau einem Jahr haben wir etwas konkreter angefangen, uns um die geplanten Fahrrad-Garagen in der Stadt Stuttgart zu kümmern. Wir sammelten hunderte von Adressen, um die geplanten „Fünfer-Gruppen“ zusammen zu bekommen und kartierten sie; diese Gruppen wurden von der Stadt Stuttgart angepeilt, um solche gemeinsam genutzten Fahrrad-Garagen zu beantragen.
Alle Details darüber gibt es im Blogbeitrag vom letzten Oktober.Seitdem hat OB Kuhn jedoch noch die „echte Fahrradstadt“ ausgerufen und der Gemeinderat hat auch einen Zielbeschluss dazu verfasst. Inzwischen hat die Stadt in einem Radforum mal kurz über diese geplanten Garagen gesprochen. Leider gibt es bis heute keine Details darüber, wie das Konzept konkret umgesetzt werden könnte/soll.
Mehr Informationen liegen uns aktuell auch nicht vor.Genau dieses Konzept wurde bereits anderswo so oder ähnlich umgesetzt, beispielhaft seien mal diese Städte genannt:
- in Oslo konnte man sich bis zum 28.6. dieses Jahres bewerben und jetzt werden dort verschiedenen Konzepte umgesetzt
- in Dortmund läuft es auch schon, hier gibt es mehr Infos dazu
- in Frankfurt ebenfalls, wie hier zu lesen ist
- in London auch, wie dieser Tweet zeigt
- auch aus Brüssel sind solche Tweets bekannt, hier werden die Garagen offenbar leider auf den Gehwegen gebaut
Andere Städte bauen gleich riesige Parkhäuser für Fahrräder, wie z.B. Utrecht oder Karlsruhe.
Wieder andere schaffen wenigstens durch Poller auf den Parkflächen Platz für Fahrradparkplätze, wie es beispielhaft hier in Lyon zu sehen ist.Stuttgart hat bis jetzt lediglich zwei mal zwei Bügel für Lastenräder (hier zwei Bilder) und einen kleinen Fahrrad-Parkplatz vor dem Cafe Babel. Und hier und da mal noch ein paar Radbügel auf Gehwegen und in Fußgängerzonen. Also nichts, was dem Anspruch einer Fahrradstadt gerecht wird.
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Stuttgart sei „tendenziell positiv“
Der ADAC hat einen bundesweiten Test durchgeführt und dabei angeblich festgestellt, dass die Radfahrsicherheit an Kreuzungen und Einmündungen in Stuttgart „tendenziell positiv“ abschneide; mehr dazu gibt es hier.
An diesem Testverfahren gibt es natürlich mehrere Kritikpunkte.- 13 Routen in der Großstadt zu testen ist auf jeden Fall deutlich zu wenig; besonders wenn diese Routen nicht mal fünf Kilometer lang sind. Das ganze Straßennetz in Stuttgart hat 1500km (Quelle), es gibt 23 Stadtbezirke. Da sind diese 13, relativ kurzen Routen sicherlich kein repräsentativer Querschnitt.
- Sich lediglich auf Kreuzungen und Einmündungen zu konzentrieren ist viel zu wenig. Was bringt es mir, wenn ich über eine handvoll Kreuzungen halbwegs sicher fahren kann, wenn es danach nicht mehr weitergeht, der Radweg plötzlich endet (wie z.B. auf der Theo-Heuss-Straße) oder ich überhaupt keine Möglichkeit habe, ungefährdet bis zu diesen angeblich sicheren Abschnitt komme.
- Im engen Stuttgart mit einigen Straßen, die z.B. durch die Straßenbahn nur einspurig zu befahren sind, kommt ein weiterer relevanter Punkt dazu: ungenügender Überholabstand. Sei es z.B. auf der Neckarstraße, der Hackstraße, Bebelstraße oder dem Kaltental – überall hier wird teilweise ohne Rücksicht auf die Radfahrenden überholt, obwohl überall dort ein „faktisches Überholverbot“ gilt.
Das erste positive Beispiel, das der ADAC in seinem Beitrag nennt, ist die Altenburger Steige (OpenStreetMap). Wie dies zu einer repräsentativen Strecke auserkoren wurde, bliebt schleierhaft. Im etwa 4km-Radius kommt man höchstens von Bad Cannstatt dorthin. Vor Kurzem war ein Teil dieser Radspur noch zugewachsen. Die komplette Strecke ist lediglich durch einen, auf die Straße gemalten weißen Streifen „geschützt“, was in Belgien schlicht „Mordstreifen“ genannt wird. Farbe bietet einfach keinerlei Schutz. In den Serpentinen nutzen die Autos gerne mal etwas mehr Platz als nötig und fahren dann auf den Schutzstreifen, um bei auftauchenden Radfahrern mit quietschenden Reifen doch noch auszuweichen.
Vermutlich wurde diese Strecke lediglich danach ausgewählt, weil es eine der wenigen ist, auf der halbwegs ausreichend Platz für legale Überholvorgänge mit genügend Abstand vorhanden wäre.Danach kommen zwei Bilder von der Auffahrt auf den Pragsattel. Diese erste Parkplatz-Ausfahrt ist zwar rot markiert, aber vermutlich musste jede*r Fahrrad-Pendler*in auf dem täglichen Weg hier schon mal Notbremsen, um trotz roter Farbe nicht umgefahren zu werden. Farbe schützt einfach nicht, niemals. Ein halbwegs vernünftiger Schutz wäre vorhanden, wenn man diesen Überweg (und alle weiteren) durch steile Rampensteine aufpflastert und den querenden KFZ-Verkehr so zu niedrigen Geschwindigkeiten zwingt.
Dass hier mal wieder ein Poller in der Mitte des geteilten Geh- und Radweges steht, ist auch nicht optimal, aber aufgrund der Autofahrer-Mentalität leider nicht zu verhindern. Leider allzu typisch für Stuttgart ist diese widersprüchliche Beschilderung: Radweg – oder nur Rad frei? Auf jeden Fall darf das „Fahrrad verboten“-Schild ganz links in Stuttgart nicht fehlen. So lax wie die Stadt mit den Geh- und Radwegen umgeht, so konsequent verbietet sie das Radfahren auch.
Diese rote Farbe ist der Stadt auch gar nicht so wichtig. Wochenlang war ein weiterer Übergang nicht richtig angemalt. Auch hier, wie an jeder anderen Ein-/Ausfahrt, kennt jede*r Radfahrer*in die Notbrems-Situation. Autofahrer*innen achten hauptsächlich auf den vorbeirauschenden KFZ-Verkehr und schauen nur auf eine auftauchende Lücke. Da bleibt keine Aufmerksamkeit übrig, um zusätzlich noch auf Radfahrende zu achten. Erst recht nicht, wenn sie relativ schnell den Berg runtergefahren kommen. Als Pseudo-Lösung wurden einfach in bester Victim-Blaming-Manier solche „Vorsicht!“-Schilder aufgestellt. Zur Erinnerung: Jede*r Radfahrer*in hat hier Vorfahrt und eigentlich müssten die querenden Autos hier Vorsicht walten lassen!
Alleine die Existenz solcher Schilder ist schon ein Indiz dafür, dass dieser Radweg in einer Untersuchung von sicheren Kreuzungen und Einmündungen bestimmt nicht als Positiv-Beispiel genannt werden kann.
Oft ist es auch so, dass ein Auto auf diesen roten Markierungen steht und den Radverkehr behindert. Entweder hier bei der Waschanlage, bei den diversen Parkplatz-Ausfahrten oder auch bei der Tankstelle im weiteren Verlauf.Am Besten ist es aus Sicht der Stadt offenbar einfach, wenn man das Radfahren auf diesem „tendenziell positiven“ Radweg ganz verbietet, Zu-Fuß-gehen auch gleich. Und natürlich wird in dem Fall keine der vielen „wertvollen“ KFZ-Spuren als Umleitung genutzt. Sondern man soll mit dem Rad diese vielspurige Straße überqueren, durch Drängelgitter und mehrere Bettelampeln an den Verkehrsinseln. Und am Ende der Umleitung dann wieder genauso zurück.
Ignoriert man das Verbot und schaut sich das genauer an, stellt man fest, dass die Radwege in Stuttgart einfach nur Verfügungsmasse für alles mögliche sind. Ernst genommen werden Radfahrende scheinbar nicht.
Auch hier ist mal wieder ein Gehweg ausgeschildert, Keiner weiß warum, weit und breit ist nichts zu sehen.
Auch nicht mehr allzu gut zu sehen ist hier die rote Farbe bei der Einfahrt.
Das mit dem Gehweg meinen die manchmal echt penetrant ernst. Hier auf der anderen Seite.
Was in Stuttgart natürlich auch nie auf einem Radweg fehlen darf, sind Falschparker, in dem Fall von der SSB.
Und hier durch einen Autotransporter. Wer schon mal probierte, die Fahrer auf dieses Fehlverhalten anzusprechen oder auch nur einen solchen blockierten Radweg fotografierte, wird die Situation kennen, dass man wüst beschimpft und mit Gewalt bedroht wird. Dabei gäbe es direkt daneben vier breite Fahrspuren.
Was jetzt im Spätsommer vielleicht auch noch nicht so auffällt: Schnee und Eis. Es wird wieder ein Winter kommen und dann sieht man wieder genau, welche Prioritäten die Stadt Stuttgart setzt. Die bis zu elfspurige Bundesstraße ist jederzeit in einem perfekt geräumten Zustand, der Gehweg ebenfalls, wenn auch nicht immer sofort. Nur um Radwege wird sich nicht gekümmert.
Als kleines Rätsel zwischendurch: Überlegt mal, wie diese Litfaßsäule wohl mit neuen Plakaten versehen wird? Als kleiner Tipp: sie öffnet sich natürlich in Richtung des Radweges.So kann man bestimmt jeden einzelnen dieser „tendenziell positiv“ getesteten Radwege genauer analysieren.
Positiv werden im ADAC-Bericht auch Querungshilfen genannt. Das kann für Anfänger im Straßenverkehr nützlich sein, als erfahrene*r Radfahrer*in will man diese aber nicht zwingend. Zum Beispiel hat man am Charlottenplatz bei einem bestimmten Abbiegevorgang sieben nicht abgestimmte Ampeln zu überqueren. D.h. man steht an sechs solcher Mittelinseln, während der KFZ-Verkehr nur eine einzige Ampel überwinden braucht.Aber auch viele andere Straßen in Stuttgart sind kritisch, hier kommt die Kessellage hinzu. An abschüssigen Straßen sind Radfahrer*innen relativ schnell und werden eher übersehen.
Dazu kommt, dass in eigentlich allen Wohngebieten die Kreuzungen vor allem abends zugeparkt sind und somit die Sichtbeziehungen gestört sind. Hier kann man beispielhaft die Augustenstraße oder die Burgstallstraße nennen.
Auch Fahrradweichen, wie z.B. am Wilhelmsplatz oder auf der Robert-Koch-Straße in Vaihingen, werden in Fahrrad-Nationen schon längst nicht mehr so geplant und gebaut.Das absolute Negativ-Beispiel für Radwege über Ein-/Ausfahrten ist die Hauptradroute an der Holzstraße. Es gibt eine Tiefgaragen-Einfahrt, in der schon mehrere Unfälle passiert sind. Es steht eine Litfaßsäule mitten im Weg und zusätzlich gibt es mit der Dorotheenstraße noch eine querende Straße, die völlig unnötig ist. Sie wird nur vom Parkplatzsuchverkehr und als Schleichweg genutzt, um die Ampel am Charlottenplatz zu vermeiden. Nur wenige Meter auf der Fahrradstraße weiter ist die Kreuzung am Tagblatt-Turm. Prinzipiell ist das nur eine Parkhaus-Einfahrt, sie ist jedoch vorfahrtsberechtigt gegenüber den Radfahrenden auf der Hauptradroute und einzigen Fahrradstraße Stuttgarts.
Als Fazit kann man sich als Alltagsradler nur darüber wundern, wie der ADAC die Situation in Stuttgart als „tendenziell positiv“ bewerten kann. Stuttgart macht durch seine fehlende und lückenhafte Fahrrad-Infrastruktur und die Mentalität (einiger) Autofahrer*innen vielen Radfahrer*innen Angst. Viele steigen aus dem Grund überhaupt nicht aufs Fahrrad. Diese Rückmeldungen haben wir bekommen, als wir für den Radentscheid bei jeder Gelegenheit Unterschriften gesammelt haben. Wie der ADAC nun ein solches Urteil fällen kann, ist völlig unklar.
Dass in Stuttgart bisher zum Glück nicht allzu viel passiert und auch wenige schlimme Unfälle vorkommen, liegt definitiv nicht an sicherer Fahrrad-Infrastruktur. Das liegt leider daran, dass nur wenige Leute Rad fahren und diese entweder erfahren sind und/oder einfach sehr viel mehr Rücksicht nehmen, als es eigentlich nötig wäre. -
Radiobeitrag über die Wegeheld-App
Im Verlauf der Zeit haben wir uns beim Zweirat schon öfters mit der Wegeheld-App beschäftigt. Damit kann man sehr einfach störende Falschparker*innen melden, dazu braucht es nur wenigen Klicks auf dem Smartphone. Die App selbst vermerkt diese dann auf ihrer eigenen Karte, wodurch die Falschparker-Schwerpunkte gut visualisiert sind. Darüber hinaus hat man die Möglichkeit, eine standardisierte Nachricht an das Ordnungsamt der jeweiligen Stadt zu schicken.
Das ganze Thema Falschparken und wie verschiedene Städte damit umgehen, wurde nun in einer „Hintergrund“-Sendung beim DLF aufgegriffen und am 21. August um 18:40 ausgestrahlt. Es gibt eine schriftliche Aufzeichnung davon auf der DLF-Seite, zusätzlich ist der Beitrag dort auch direkt beim Startbild zum Nachhören verlinkt.
Während in Stuttgart das Ordnungsamt diese Meldungen lieber nicht haben will und zusätzliche Hürden vor die Bearbeitung einbaut, hört man von anderen Städten, dass sie recht froh um diese Unterstützung sind. In dem Beitrag wird das fast genau gleichgroße Düsseldorf als Positivbeispiel genannt, Stuttgart hingegen meint, dass es alleine die hoheitliche Aufgabe hat, sich um Falschparker*innen zu kümmern und dabei keine Hilfe benötigt; 800.000 Strafzettel im Jahr 2017 (die Zahl steigt jährlich) oder der Hashtag #stuttgartparktfair auf Twitter sprechen jedoch eine ganz andere Sprache.
Die Bürgermeisterin von Tübingen kommt auch zu Wort, jedoch nennt sie das so typische, sowohl Falschparker-schützende als auch falsche Argument, dass ein Auto erst drei Minuten stehen muss, bevor es ordnungswidrig parkt. Die Straßenverkehrsordnung nennt im §12 Parken allerdings eindeutig, dass „Wer sein Fahrzeug verlässt […] der parkt.“ Das ist auch sinnvoll, denn wenn man so einem behindernden Auto ausweichen muss, dauert es nicht drei Minuten, bis an einer solchen Stelle evtl. etwas passieren könnte – es kann nur eine Sekunde sein, die über einen Unfall entscheidet. Im schlimmsten Fall über Leben und Tod eines*r Radfahrer*in, z.B. weil die anrollende Person durch das falschparkende Auto nicht gesehen werden konnte. Ein solch falschparkendes Auto auf dem Gehweg kann für Rollstuhlfahrer*innen zur Sackgasse werden und auch Fußgänger*innen, evtl. mit Kinderwagen, werden dadurch behindert.Ob parkende Autos einen abgelaufenen Parkschein haben oder durch ungeschicktes Parken gleich zwei Parkplätze auf einmal belegen, hat von uns noch niemand moniert. Wir werden uns aber weiterhin dafür einsetzen, dass die Regelungen der StVO dort eingehalten werden, wo es eine Behinderung und/oder eine Gefahr für die schwächeren Verkehrsteilnehmer ist: wo auf Radwegen und Radstreifen geparkt wird, wo in Kreuzungsbereichen die Sichtachsen zugestellt werden, dass wir als Radfahrende kaum noch gesehen werden können und wo Fußgänger*innen nur noch mit Problemen von der einen auf die andere Straßenseite gelangen können, wo Autos (auch) tagelang auf Gehwegen und in Brandschutzzonen stehen, usw. Und wir hoffen dabei, dass sowohl die Polizei Stuttgart als auch das Ordnungsamt der Stadt Stuttgart bald unsere Ansicht teilt und dann auch mal endlich aktiver wird, anstatt immer nur jedes zweite Jahr eine weitere, nutzlose Kampagne zu starten.
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Gleichberechtigung?
Bei den Diskussionen in Stuttgart zur Aufteilung des Verkehrsraums kommt meist früher als später das Argument, dass man den Radverkehr bloß nicht bevorzugen dürfe. Selbst diese Ansicht ist mehr als fraglich, wird aber so meist kommentarlos hingenommen. Viele Städte versuchen schon seit Jahren dem Radverkehr (und nebenbei auch dem Fußverkehr) seinen Platz zu geben und schränken dafür den MIV (motorisierten Individualverkehr) ein. Das funktioniert nach ersten Widerständen immer sehr gut. Auf diese Erfahrungen will die Stadt Stuttgart jedoch nicht bauen, sie zementiert weiterhin den Status Quo: einen durchwegs stark bevorzugten MIV – bei jeder sich bietenden Gelegenheit!
Hier nur mal zwei Beispiele: Im Westen gibt es die Rötestraße. Dort wird dem Fußverkehr deutlich gemacht, dass er für die Stadt einfach nichts bedeutet und sich (wie so viel anderes) den parkenden Autos unterzuordnen hat. Während die meisten der dort parkenden Autos auf der Straße stehen, hat die Stadt zwei Parkplätze zur Hälfte auf den Gehweg eingezeichnet. Das oft gehörte Argument „Parkdruck“ greift hier nicht, da die Parkplätze auch problemlos auf der Straße sein könnten. Außerdem ist es in einer Stadt, wo die Zulassungszahlen für übergroße SUVs ständig stark steigen, hinfällig. An dieser Stelle sowieso, weil an der nächsten Kreuzung, etwa 100m weiter, ein Parkhaus mit freien Stellplätzen ist.
offizielle Gehwegparkplätze im Stuttgarter Westen zum Nachteil des Fußverkehrs Ein anderes Beispiel, diesmal für (bzw. gegen) den Radverkehr, am Neckartor. Wenn man aus dem Park kommt, steht man an dieser Bettelampel und die Führung geht nach links. Dort kommt man jedoch im Gegenverkehr der dreispurigen Neckarstraße an und muss sich auf der kleinen Insel (beim grünen Blitz) aufstellen. Mit zwei Lastenrädern oder fünf bis sechs normalen Rädern ist diese Insel voll. Dann müssen sich die Radfahrer*innen in den Gegenverkehr oder auf die Straße stellen. Und das in einer Stadt die nach offiziellen Aussagen einen deutlich steigenden Radverkehrsanteil will und dies hier eine Abzweigung von der sogenannten Hauptradroute 1 ist. Auf dieser Insel gibt es keine Bettelampel, sie gibt einfach so nur bei jedem zweiten Umlauf dem Radverkehr grün, damit er endlich auf die nächste Insel rollen kann. Bei den zwei gelben Blitzen ist dann ein Bettelknopf, mit dem man hier grün anfordern muss.
Ampelführung am Neckartor mit deutlichem Nachteil für den Radverkehr Drei Ampeln und mehrere Ampelumläufe später hat man dann diese Kreuzung überquert, die jede*r Autofahrer*in problemlos mit einer Ampel und langen Grünphasen auf drei Spuren in jeder Richtung passiert.
Würde man in der Stadtverwaltung den Radfahrer*innen nicht immer das Gefühl geben müssen, dass sie Verkehrsteilnehmer dritter Klasse sind, könnte man das natürlich besser machen: Einen roten „Schutzstreifen“ (der natürlich nicht schützt, aber eben euphemistisch so heißt) direkt in die korrekte Spur aufmalen. Und dann die Ampel beim gelben Zickzack so umprogrammieren, dass der Radverkehr hier in einem Zug durchkommt. Da dies jedoch eine unmögliche Aufgabe ist, selbst für den selbsternannten „Ampelgott“, der bei der Stadt Stuttgart arbeitet, wäre die Alternative, an dieser Stelle vor der Ampel wenigstens Haltebügel anzubringen. Somit müssten die Radfahrer*innen dort wenigstens nicht absteigen.
Dies sind nur zwei von vielen, vielen Beispielen aus der ganzen Stadt, wo Rad- und Fußverkehr systematisch benachteiligt werden. Etwas drastischer ist es bei „Radfahren in Stuttgart“ ausgedrückt: Verarschen kan ich mich selber!
Wie man bei einer solchen Infrastruktur auch nur ansatzweise von der Bevorzugung des Rad- oder gar Fußverkehrs reden kann, leuchtet uns überhaupt nicht ein! -
Hauptradroute 1 beim Landtag
Vor Kurzem wurde der Behelfs-Radweg auf der Westseite des Landtages wieder zur Wiese zurückgebaut und die ursprüngliche Routenführung wieder hergestellt. Sie ist nun wieder auf der anderen Seite des Landtages. Dieser Radweg hat eigentlich nie richtig funktioniert. Obwohl das Ordnungsamt der Stadt Stuttgart dort täglich stand, liefen immer Fußgänger*innen auf diesem Weg und es wurde all die ganzen Jahre nicht ein einziger davon jemals mit einem Ordnungswidrigkeits-Bußgeld verwarnt.
Als Radfahrer*in in der selbsternannten „Fahrradstadt Stuttgart“ wundert man sich über diese Führung doch sehr. Manche Bürger*innen, die noch nicht so lange in Stuttgart sind, kennen diesen Weg nicht mal. Nebenbei gesagt: Es ist nicht irgendein Feld- und Wiesen-Touristenradweg. Nein, es ist vielmehr die Hauptradroute 1 – die einzige, überwiegend fertig gestellte Hauptradroute hier in der Großstadt Stuttgart.
Schon die Anfahrt zu diesem Stück Radweg ist abenteuerlich. Man muss über eine miserable Oberfläche mit Baumwurzeln, schief stehende Platten und fehlenden Steinen im Kopfsteinpflaster klar komme und die recht engen und schlecht einsehbaren Kurven um den Akademiebrunnen nehmen.
Dann ist man auf dem wieder eröffneten Weg, auch hier ist Kopfsteinpflaster. Das passt nicht so recht zu einem Radweg.Kopfsteinpflaster so weit das Auge sieht Nicht nur das Kopfsteinpflaster ist hier zu beklagen, auch die Schächte, die deutlich unter dem Nieveau der Oberfläche liegen, sind nicht Fahrrad-freudlich angelegt.
Gullydeckel mitten auf der Fahrbahn Inzwischen merkt man auch, dass nicht nur das Kopfsteinpflaster an sich hier das Problem ist. Es ist vor allem der Zustand des Pflasters. Es sind sehr viele Steine kaputt oder schlicht zertrümmert.
ein paar Steine im Pflaster sind kaputt Oder sie fehlen gar komplett, was ziemliche Lücken hinterlässt.
andere Steine fehlen im Pflaster komplett Mitten drin auf dem kurzen Stück sieht man eine weitere Baustelle. Wir sind keine Bauingenieure*innen, aber es sieht doch stark danach aus, dass hier eine weitere Querung über die Hauptradroute gebaut wird; mit High-Tech Pollern, die versenkbar zu sein scheinen.
neuer Überweg mit High-Tech-Pollern Ein paar weitere Meter im Verlauf kommt noch das für Stuttgart offensichtlich obligatorische Stück Schotter. Es ist zwar nur einen guten Meter lang, aber man fragt sich doch, was das nun schon wieder soll?
noch ein Stückchen Schotterpiste Das Highlight ist dann eine mehrere Zentimeter hohe Bordsteinkante quer über den kompletten Radweg. Solange man das kennt und ein entsprechendes Fahrrad mit korrekt aufgepumpten Reifen hat, ist das nicht so schlimm. Hat man gerade mal etwas zu wenig Druck auf den Reifen, könnte man sich hier problemlos ein Durchschlags-Plattfuss („Snakebite“) zuziehen. Kinder in Lastenrädern, Anhängern oder Kindersitzen werden hier hart durchgeschüttelt.
eine mehrere Zentimeter hohe Kante Am Ende dann noch ein Schild, das eindeutig besagt, dass das hier eben wirklich die Hauptradroute 1 („HRR 1“) war. Jetzt muss man nur noch die Ausfahrt des Landtags-Parkplatzes/Tiefgarage queren. Man sieht selbst nichts, weil dort das Kassenhäuschen direkt in der Sichtachse steht. Außerdem steht dort eigentlich immer ein Falschparker; es wäre ja nicht Stuttgart, wenn man Bilder ohne solche Falschparker machen könnte. Stichwort: #Stuttgartparktfair
Gegenverkehr auf der Parkplatz-Ausfahrt Auch von der Gegenrichtung aus ist man als Radfahrer*in natürlich nicht von den ausfahrenden Autos zu sehen. Abgesehen von den nicht einsehbaren Sichtbeziehungen ist der Fokus der Autofahrer*innen vermutlich eher beim Autoverkehr der achtspurigen Straße, auf den sie sich hier einfädeln wollen.
absolut keine Sicht auf der Radweg Fährt man dann als Radfahrer*in bei Regenwetter auf der Hauptradroute weiter, muss man gut aufpassen, nicht auf dieses Metallgitter zu kommen. Das ist sehr rutschig, wenn die Oberfläche nicht ganz trocken ist und mal kann dann sehr einfach stürzen.
super rutschige Gitter oder super holpriges Kopfsteinpflaster Alles in allem kann man sagen, dass dieses Stück Radweg sehr weit weg von irgendwelchen Qualitätsstandards und einer Hauptradroute absolut unwürdig ist.
Und ist zwar nicht so recht klar, wer hierfür jetzt zuständig ist. Aber sowohl das Land Baden-Württemberg versucht sich als „Fahrrad-freundlich“ zu positionieren, als auch die Stadt Stuttgart, die mit dem Zielbeschluss zu den Forderungen des Radentscheids jetzt sogar eine „Fahrradstadt“ werden will.Wie mit einer solchen grundsätzlich positiven Ausgangslage dann trotzdem eine solch miserable Lösung zustande kommen kann, bleibt ein Geheimnis!