Kategorie: 100 Städte

  • Calgary: neue Brücke ohne KFZ-Verkehr

    In der viertgrößten kanadischen Stadt, Calgary, am Fuß der Rocky Mountains, wurde eine neue Brücke über den Bow River gebaut. Diese sollte von Anfang an für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen vorbehalten und etwas „Schönes“ sein. Da aufgrund dieser Brücke, die Peace Bridge genannt wurde, das Aufkommen von Radfahrer*innen stark angestiegen ist, wurde im Downtown-Bereich noch ein temporäres Netz von geschützten Radstreifen angelegt. Weil sich die Anzahl der Radfahrer*innen sofort nach deren Eröffnung vervierfachte, sind diese inzwischen auch fest installiert.

    Im (englischen) Artikel wird auch herausgestellt, dass alleine mit dieser Brücke das erste Mal ein Bewusstsein für Architektur und auch für die Belange von Fußgänger*innen und Radfahrer*innen hergestellt wurde. Es gibt jetzt schon drei weitere Brücken in Calgary, obwohl – wie so oft bei solchen Projekten – anfangs viele Kritikpunkte eingebracht wurden, von denen sich jedoch keiner bestätigte.

  • Pfaffenhofen a.d. Ilm: kostenfreier Nahverkehr

    In der bayrischen Kleinstadt Pfaffenhofen a.d. Ilm wird der öffentliche Nahverkehr kostenfrei. Das wird auf jeden Fall bis zur Ausschreibung der neuen Konzession 2020 so sein. Möglich wurde es durch das Eingeständnis der CSU, dass ihre Blockade-Haltung bei diesem Thema einfach falsch war. Es gab bereits einen Test-Betrieb während der Gartenschau im Sommer und dabei wurde der ÖPNV 20% mehr genutzt.

    Im Artikel der lokalen Zeitung kann man auch lesen, dass die Kosten für diese Maßnahme teilweise durch die Parkbewirtschaftung des Bahnhof-Parkplatzes getragen werden und dass das Liniennetz sogar noch ausgebaut wird und die Busse jetzt noch häufiger fahren.

    Als Stuttgarter*in hat man noch im Hinterkopf, welche unglaubliche Anstrengung es für die lokale Politik war, die zwei winzigen VVS-Zonen in der Stadtmitte zusammen zu legen, um den ÖPNV etwas attraktiver zu machen.

  • Cheltenham: Auto-freies Quartier

    In der britischen Stadt Cheltenham wurde ein Teil der Stadt für den Autoverkehr gesperrt. Diese Maßnahme wurde genau beobachtet und die Passant*innen vorher und nachher gezählt. Die Studie ergab, dass es eine Steigerung von 84% bei den Fußgänger*innen gab und die Radfahrer*innen sogar um über 200% anstiegen.

    Im (englischen) Bericht wird davon gesprochen, dass diese Zeit die erfolgreichste in diesem Quartier war, mit einer positiven Auswirkung auf die lokalen Geschäfte und die Luftqualität. Es entstand eine lebhafte Gegend, in der man gerne Zeit verbrachte. Die Pilotphase endete im November, ein Ergebnis gibt es bisher noch nicht.

  • Halifax: Wohnungen speziell für Radfahrer*innen

    In der kanadischen Stadt Halifax entsteht ein Wohnprojekt im angesagten Stadtteil „North End“, das speziell für radfahrende Mieter*innen ausgelegt ist. Neben genügend Abstellplätzen für Fahrrädern, die dazu auch noch sicher sind, gibt es u.a. noch eine Selbsthilfe-Werkstatt und eine gute Anbindung an das bestehende Radweg-Netz.

    Auf der Seite des Projektes steht jedoch nicht, was diese Wohnungen kosten oder wie man an sie kommt. Interessant sind aber die Walkability-, Transit- und Bike-Scores auf dieser Seite, auch wenn Deutschland noch ein „unsupported country“ ist.

  • Soest: Radstreifen in der Mitte der Fahrbahn

    In Soest wurde ein Radschutzstreifen in die Mitte der Fahrbahn der Jakobistraße gemalt, nachdem ein Radfahrer durch eine unachtsam geöffnete Autotüre sehr schwer verletzt wurde. Dies macht den Autofahrer*innen nun sofort deutlich, dass sie in dieser Straße überhaupt nicht überholen können und gibt den Radfahrer*innen Selbstvertrauen und Sicherheit, mitten auf der Straße zu fahren und nicht in der gefährlichen sog. „Dooring Zone“. Die allermeisten Einwohner von Soest sind mit dieser Lösung zufrieden.

    Das Thema schlug in der lokalen Zeitung hohe Wellen. Vor allem, weil es inzwischen vom BMVI aufgegriffen wurde und selbst dieses Bundesministerium setzt sich über die geltenden Gesetze, welche die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer über die Flüssigkeit des Verkehrs stellen und fordert, diese Lösung zurück zu bauen.

  • Sevilla: Neubau eines Radwege-Netzes

    Innerhalb von vier Jahren hat die spanische Stadt Sevilla mit ihren knapp 700.000 Einwohnern ein gutes Netzwerk von 80km (auch geschützer) Radwege in der ganzen Stadt gebaut. Das hat gerade mal 32Mio€ gekostet und es mussten nur 5000 Parkplätze dafür weichen. Es ist ein großer Erfolg, es werden 70.000 Fahrten pro Tag gezählt. Nach anfänglichen Widerständen hat inzwischen auch die Mehrheit verstanden, dass dies eine äußerst sinnvolle Maßnahme war und die Politiker wurden wieder gewählt.

    In diesem (englischen) Artikel stehen noch einige Hintergrund-Infos dazu drin, z.B. dass die Radwege auf die Gehweg-Ebene erhöht wurden, nur damit sie nicht mehr so einfach zurück gebaut werden konnten. Es gibt auch einen deutschen, sehr ausführlichen Artikel über die Situation in Sevilla.

    Wer lieber Filme schaut, findet bei Vimeo eine knapp 10-minütige, englische Doku darüber.

    Als kleines Nebendetail: Sevilla ist deutlich dichter bebaut als Stuttgart. Laut Wikipedia leben in Sevilla 4900 Einwohner pro m², während es in Stuttgart lediglich 3050 sind.

  • Barcelona: Superblocks

    Die sehr dicht bewohnte Metropole Barcelona (noch etwa fünfmal so dicht wie Stuttgart) hat ein neues Konzept ausprobiert: Superblocks (oder Superilles auf spanisch). Das sieht vor, dass es in einem Stadtviertel keine Durchgangsstraßen mehr gibt. Der Auto-Verkehr kann zwar noch einfahren, wenn auch nur mit sehr reduzierter Geschwindigkeit, kommt aber nicht durch, sondern wird auf der selben Seite wieder raus geführt. Anfangs wurden die Straßensperrungen, die gleichzeitig viel Freiraum für die Bewohner*innen schafften, nur im tactical urbanism-Stil beweglich gemacht. Nachdem sie sich bewährten, wurde es dann permanent so eingerichtet.

    In diesem Artikel wird es als „genialer Plan“ beschrieben, bei DLF Nova kann man lesen, dass zusätzlich dazu noch 300km Radwege gebaut werden sollen. Da wird der/die gemeine Stuttgarter*in sehr neidisch, weil uns nur ganze 8km Radwege zur Verfügung stehen. Es gibt auch ein (englisches) Video mit knapp 10min über diese Superblocks, für Leute, die nicht so gerne lesen.

    In Stuttgart würde sich der Westen dafür anbieten, weil dort auch ein oft rechtwinkliges Straßennetz vorhanden ist. Ein ganz zaghafter Versuch, den KFZ-Durchgangsverkehr zu begrenzen wurde auch schon mit zwei Pollern in der Vogelsangstraße unternommen. Das könnte es in jeder Straße geben, die keine Hauptstraße ist.

  • West Midlands: Überwachung von Überholabstand

    Die britische West Midlands Polizei hat eine Kampagne gestartet, um die viel zu knappen Abstände von Autofahrer*innen beim Überholen von Radfahrer*innen zu prüfen, kontrollieren und letztendlich auch zu sanktionieren. Dazu gibt es noch ein Portal, bei dem man eigene Videos einschicken kann, die dann von der Polizei bearbeitet werden.

    Unter anderem wegen dieser Maßnahme sind schwer und schwerst verunglückte Radfahrer*innen um 20% zurück gegangen, wie man in diesem (englischen) Artikel lesen kann.

    In Stuttgart hingegen kann vermutlich jede/r ein Lied davon singen, wie Anzeigen von der Staatsanwaltschaft eingestellt werden, die Polizei kein Interesse hat, solche Kampagnen zu starten und so etwas nur widerwillig aufnimmt und auch das Ordnungsamt durch recht hohe Hürden probiert, Privatanzeigen von Vornherein einzudämmen.

  • Vaxjo: bevorzugte Räumung von Radwegen

    In der südschwedischen Stadt Vaxjo werden die Radwege im Winter zuerst geräumt, und erst in untergeordneter Priorität die Straßen. Diese Maßnahme ist eine von vielen, die unternommen wurde, um den CO²-Fußabdruck der Stadt zu minimieren.

    Der (englische) Artikel nennt noch viele weitere davon und zeigt, dass Vaxjo damit ihren CO² Ausstoß um 58% senken konnte und auf einem guten Weg ist, bis 2030 CO²-neutral zu werden.

  • Rostock: Einstellung eines Radwege-Wartes

    In der Hansestadt Rostock wurde 2011 ein Radwege-Wart eingestellt. Dessen Stellenbeschreibung sieht vor, täglich das Radwegenetz der Stadt zu kontrollieren. Dabei fährt er dann jeden Tag um die 60km, kümmert sich um Kleinigkeiten sofort und meldet größere Schäden dann an das zuständige Amt.

    2011 wurde es noch als Pilot-Projekt angekündigt und jährlich wiederholt, im Jahr 2017 hat es sich soweit bestätigt, dass diese Stelle jetzt auch ganzjährig besetzt ist.

    Als Stuttgarter*in, der/die sich schon mehr als einmal einen Plattfuß auf der Hauptradroute zugezogen hat, weil es dort öfters mal durch Scherben geht oder weil beim Auf- und Abbau der Festbuden vor der Oper auch gerne mal eine Schraube oder eine Tackerklammer liegen bleibt, wird man da ganz neidisch!