Vor Kurzem wurde der Behelfs-Radweg auf der Westseite des Landtages wieder zur Wiese zurückgebaut und die ursprüngliche Routenführung wieder hergestellt. Sie ist nun wieder auf der anderen Seite des Landtages. Dieser Radweg hat eigentlich nie richtig funktioniert. Obwohl das Ordnungsamt der Stadt Stuttgart dort täglich stand, liefen immer Fußgänger*innen auf diesem Weg und es wurde all die ganzen Jahre nicht ein einziger davon jemals mit einem Ordnungswidrigkeits-Bußgeld verwarnt.
Als Radfahrer*in in der selbsternannten „Fahrradstadt Stuttgart“ wundert man sich über diese Führung doch sehr. Manche Bürger*innen, die noch nicht so lange in Stuttgart sind, kennen diesen Weg nicht mal. Nebenbei gesagt: Es ist nicht irgendein Feld- und Wiesen-Touristenradweg. Nein, es ist vielmehr die Hauptradroute 1 – die einzige, überwiegend fertig gestellte Hauptradroute hier in der Großstadt Stuttgart.
Schon die Anfahrt zu diesem Stück Radweg ist abenteuerlich. Man muss über eine miserable Oberfläche mit Baumwurzeln, schief stehende Platten und fehlenden Steinen im Kopfsteinpflaster klar komme und die recht engen und schlecht einsehbaren Kurven um den Akademiebrunnen nehmen.
Dann ist man auf dem wieder eröffneten Weg, auch hier ist Kopfsteinpflaster. Das passt nicht so recht zu einem Radweg.
Nicht nur das Kopfsteinpflaster ist hier zu beklagen, auch die Schächte, die deutlich unter dem Nieveau der Oberfläche liegen, sind nicht Fahrrad-freudlich angelegt.
Inzwischen merkt man auch, dass nicht nur das Kopfsteinpflaster an sich hier das Problem ist. Es ist vor allem der Zustand des Pflasters. Es sind sehr viele Steine kaputt oder schlicht zertrümmert.
Oder sie fehlen gar komplett, was ziemliche Lücken hinterlässt.
Mitten drin auf dem kurzen Stück sieht man eine weitere Baustelle. Wir sind keine Bauingenieure*innen, aber es sieht doch stark danach aus, dass hier eine weitere Querung über die Hauptradroute gebaut wird; mit High-Tech Pollern, die versenkbar zu sein scheinen.
Ein paar weitere Meter im Verlauf kommt noch das für Stuttgart offensichtlich obligatorische Stück Schotter. Es ist zwar nur einen guten Meter lang, aber man fragt sich doch, was das nun schon wieder soll?
Das Highlight ist dann eine mehrere Zentimeter hohe Bordsteinkante quer über den kompletten Radweg. Solange man das kennt und ein entsprechendes Fahrrad mit korrekt aufgepumpten Reifen hat, ist das nicht so schlimm. Hat man gerade mal etwas zu wenig Druck auf den Reifen, könnte man sich hier problemlos ein Durchschlags-Plattfuss („Snakebite“) zuziehen. Kinder in Lastenrädern, Anhängern oder Kindersitzen werden hier hart durchgeschüttelt.
Am Ende dann noch ein Schild, das eindeutig besagt, dass das hier eben wirklich die Hauptradroute 1 („HRR 1“) war. Jetzt muss man nur noch die Ausfahrt des Landtags-Parkplatzes/Tiefgarage queren. Man sieht selbst nichts, weil dort das Kassenhäuschen direkt in der Sichtachse steht. Außerdem steht dort eigentlich immer ein Falschparker; es wäre ja nicht Stuttgart, wenn man Bilder ohne solche Falschparker machen könnte. Stichwort: #Stuttgartparktfair
Auch von der Gegenrichtung aus ist man als Radfahrer*in natürlich nicht von den ausfahrenden Autos zu sehen. Abgesehen von den nicht einsehbaren Sichtbeziehungen ist der Fokus der Autofahrer*innen vermutlich eher beim Autoverkehr der achtspurigen Straße, auf den sie sich hier einfädeln wollen.
Fährt man dann als Radfahrer*in bei Regenwetter auf der Hauptradroute weiter, muss man gut aufpassen, nicht auf dieses Metallgitter zu kommen. Das ist sehr rutschig, wenn die Oberfläche nicht ganz trocken ist und mal kann dann sehr einfach stürzen.
Alles in allem kann man sagen, dass dieses Stück Radweg sehr weit weg von irgendwelchen Qualitätsstandards und einer Hauptradroute absolut unwürdig ist.
Und ist zwar nicht so recht klar, wer hierfür jetzt zuständig ist. Aber sowohl das Land Baden-Württemberg versucht sich als „Fahrrad-freundlich“ zu positionieren, als auch die Stadt Stuttgart, die mit dem Zielbeschluss zu den Forderungen des Radentscheids jetzt sogar eine „Fahrradstadt“ werden will.
Wie mit einer solchen grundsätzlich positiven Ausgangslage dann trotzdem eine solch miserable Lösung zustande kommen kann, bleibt ein Geheimnis!