Zu unserem letzten Bericht über den Test des ADAC (hier die Details dazu) bzgl. der „Radfahrsicherheit an Kreuzungen und Einmündungen“ wurde uns vorgeworfen, dass dort viel zu wenige Fakten enthalten seien. Natürlich geht es dabei viel um Meinungen, denn Fakten sind in solchen Lobby-Diskussionen bloß störend. Allerdings wollen wir hier mal darlegen, wie man zu der Meinung kommt, dass gerade der Radweg zum Pragsattel hoch, bzw. runter, definitiv nicht als „tendenziell positiv“ zu bewerten ist.
Wir sind also nochmal zu diesem Radweg gefahren, der im Ergebnis des ADAC mit zwei von drei Nennungen positiv erwähnt wurde und haben uns das mal genauer angeschaut. Diese Situation wird positiv dargestellt. Dass es ein Zweirichtungsrad-& Gehweg ist, ignoriert der ADAC hier einfach. Die KFZ achten üblicherweise auf den Auto-Verkehr von links und weniger auf Fußgänger:innen und Radfahrer:innen von rechts. Wie auch, durch den Zaun und das Werbeschild ist es ja auch gar nicht möglich, nach rechts zu schauen.
Wenn man sich überlegt, wie man dort überhaupt hinkommt, ist kurz vorher dieser Überweg. In Stuttgart selbstverständlich mit Bettelampeln ausgestattet, die nicht zusammen geschaltet sind. Hier zu sehen, dass eine Ampel grün, die andere rot ist. Das wäre nicht besonders relevant, denn es ist hier noch kein Radweg. Auf jeden Fall hat die mehrspurige Bundesstraße (hier von rechts kommend) sehr lange Grünphasen, während man dementsprechend lange bei rot auf das Fußgänger-Grün warten muss.
Und noch etwas davor sieht man, wie man eigentlich zu diesem Radweg kommen soll. Es ist eine zweispurige Straße, der Gehweg wurde ein bisschen mit Asphalt aufgeschüttet. Ob das eine Einladung an die Radfahrer:innen sein soll, ihn doch zu benutzen, weil sie sonst den „guten Auto-Verkehr stören“? Man weiß es nicht genau. Es wäre auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, hier eine vernünftige Radinfrastruktur einzurichten, es gibt mehr als genug Platz und es ist ein wichtiger Knotenpunkt für die nördlichen Stadtteile (wie z.B. Zuffenhausen oder Stammheim) und Städte (wie Kornwestheim oder Ludwigsburg).
Genug vom Ausflug zum Beginn des Radwegs. Wenn man also an der positiv genannten Stelle (ganz oben) weiter geht, kommt man nach wenigen Meter schon an den nächsten Überweg. Markierungen fehlen hier komplett, sowohl die Einfahrt als auch die Ausfahrt haben keine. Und es gibt wieder eine große Werbetafel, die versucht, die Aufmerksamkeit der Autofahrer:innen vom Straßenverkehr abzulenken.
Kurz drauf dann wieder eine Ampel-Kreuzung. Man muss hier drei Ampeln überqueren, die alle mit dem gelben Bettelknopf ausgestattet sind. Die parallel fahrenden Autos haben grün, die Fahrräder und Fußgänger:innen müssen dennoch warten.
Kurz danach dann ein weiterer Übergang. Es ist eigentlich nur die Ausfahrt des Autohauses. Allerdings haben schon viele Autofahrer:innen entdeckt, dass man diesen Parkplatz nutzen kann, um die eben beschreibene Ampel einzusparen. Wer dort öfters auf dem parallel verlaufenden Radweg fährt, kann das sicherlich bestätigen.
Besonders brisant an dieser Ausfahrt sind die Schilder, die genau im Sichtbereich aufgestellt sind. Wenn ein Auto dort raus fahren will, kann es anrollende Radfahrer:innen überhaupt gar nicht sehen, weil sie hinter den Schildern verborgen bleiben. Wie kann man sowas planen, genehmigen und umsetzen? Und wie kann man einen Radweg mit solch einer Schwäche als „tendenziell positiv“ bewerten?
An der anderen Seite dieses Autohauses kommt schon der nächste Überweg.
Und schon wieder eine Kreuzung. Selbstverständlich muss dort auch wieder eine Bettelampel stehen.
Als nächstes kommt die Waschanlage. Auch hier sind wieder riesige Werbe- und Preisschilder, die die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Nagut, die Einfahrt ist rot angemalt.
Die Ausfahrt ist ebenfalls rot. Allerdings sieht man hier wieder deutlich, dass Farbe nicht schützt. Selbst dieses sehr kleine Auto blockiert den Geh- und Radweg etwa zur Hälfte, während es darauf wartet, sich in den fließenden Verkehr einzufädeln. Für Radverkehr aus beiden Richtungen wird es nun schon eng, trotz dieser roten Farbe.
Als nächstes kommt wieder ein Autohaus mit einer Einfahrt.
Und wenn wir schon beim Autohaus sind: Dort werden die Autos inzwischen täglich im Gras geparkt. Und wenn sie mal auf den Geh- und Radweg überstehen, wird man wohl das Standard-Argument bringen, dass man als Radfahrer:in doch auch mal Rücksicht nehmen könne. Was nichts anderes bedeutet, als dass hier das Recht des Stärkeren durchgesetzt wird.
Die zweite Einfahrt dieses Autohauses fällt zusammen mit dieser Einfahrt in die Tiefgarage des nächsten Gebäudes. Bei dieser Einmündung sind also drei Fahrspuren, die über den Geh- und Radweg führen.
Beim nächste Gebäude wird dann noch eine Spur drauf gelegt. Jeweils zwei Spuren für die Ein- und Ausfahrt für ein Parkplatz und eine Tiefgarage.
Besonders kritisch sind diese drei Extra-Parkplätze. Sie können nur über diesen Geh- und Radwg erreicht werden. Was der Sinn davon ist, wenn man auch den richtigen Parkplatz oder die Tiefgarage nehmen könnte, bleibt offen.
Dann kommt die Tankstelle. Auch hier hat man eine große Preistafel und eine blaue Werbesäule, die um Aufmerksamkeit buhlen. Und der Brückenpfeiler steht so im Weg, dass man als Radfahrer:in von den ausfahrenden Autofahrer:innen auch nur schlecht gesehen werden kann.
Aber die Autofahrer:innen haben beim Verlassen der Tankstelle nicht nur Probleme nach links zu schauen. Auch nach rechts, wo potentiell schnellere Radfahrer:innen den Berg herunter fahren, können sie nicht schauen. Dort ist ein Absatz für den Parkplatz des nächsten Autohauses.
Und selbstverständlich hat dieses Autohaus auch wieder Ein- und Ausfahrten über den Radweg. Hier sind die ersten zwei.
Und dann noch eine für die Tiefgarage und den Parkplatz. Der eine Satz von Pfeilen ist seit einer Baustelle nicht mehr ganz vorhanden, die Fahrrad-Piktogramme kaum noch sichtbar.
Jetzt sind wir schon an der letzten Einmündung auf diesem Geh- und Radweg, wo auch wieder eine Werbesäule steht.
Oben am Pragsattel angekommen, kann man sich nun überlegen, welchen Umweg man nun nimmt. Ob man rechts über vier (teilweise Bettel-) Ampeln an der U-Bahn-Station „Pragsattel“ vorbeiradeln will, wo es recht eng ist, oder ob man über drei Ampeln nach links auf die andere Straßenseite weiterfahren will.
Wenn man nun die Ein- und Ausfahrten auf dieser 1,5km langen (besser gesagt kurzen) Strecke zählt, kommt man auf ganze sechzehn (16) Stück, dazu noch vier Ampeln. Insgesamt sind es ganze 20 Kreuzungen und Einmündungen auf dieser kurzen Strecke. Man kommt als Radfahrer:in also etwa 75m weit, bis man wieder aufpassen muss, ob man von potentiell querenden Autofahrer:innen gesehen wird.
Ein solcher Radweg kann doch nicht als „tendenziell positiv“ angesehen und dazu noch als Positivbespiel genannt werden!