Kategorie: 100 Städte

  • 3. Juni 2021: Radentscheid Stuttgart macht die Wilhelmsbrücke in Bad Cannstatt frei

    3. Juni 2021: Radentscheid Stuttgart macht die Wilhelmsbrücke in Bad Cannstatt frei

    Am 3. Juni, dem Weltfahrradtag, demonstrieren bundesweit in mehr als 28 Städten und Gemeinden Menschen für eine bessere und sichere Fuß-und Fahrradinfrastruktur. Während Nahmobilität im letzten Jahr immens an Bedeutung gewonnen hat und die Fahrradbranche boomt, ist auf den Stuttgarter Straßen bisher kaum etwas davon angekommen. Der Radentscheid Stuttgart fordert ein zügiges Umdenken. Wir befreien für einen Tag die Wilhelmsbrücke in Bad Cannstatt vom Autoverkehr für zu Fuß Gehende und den Radverkehr. Denn die Rückgabe von Verkehrsflächen an den Fuß-und Radverkehr ist längst demokratischer Wille, aber die Stadtverwaltung möchte lieber wieder und wieder prüfen, statt in die Umsetzung zu gehen.

    Seit über zwei Jahren nun gibt es in Stuttgart eine stabile Mehrheit für die Förderung des Radverkehrs. Die Freigabe der Wilhelmsbrücke für den Fuß-und Radverkehr wurde im Juni 2018 zwar vom Gemeinderat beschlossen, im Anschluss aber von der Stadtverwaltung nicht weiterverfolgt. Erst im April 2021 erinnerte der Bezirksbeirat Bad Cannstatt an die Beschlusslage und dass die Öffnung der Wilhelmsbrücke für den Fuß-und Radverkehr in die Begleitmaßnahmen zum Rosensteintunnel aufzunehmen.

    Über den Neckar existiert oft gar keine Infrastruktur für den Radverkehr. Seit kurzem gibt es eine Fuß-und Fahrradbrücke, doch die endet im B10-Nirvana. Umso besser, dass der Gemeinderat und der Bezirksbeirat Bad Cannstatt auf die Freigabe der Wilhelmsbrücke für den Fuß-und Rad-verkehr drängen. Die Brücke verbindet die Neckarvorstadt mit der Altstadt Bad Cannstatt, wird aber noch zu großen Teilen vom Autoverkehr besetzt. Für alle anderen bleibt nur der konfliktreiche, schmale Seitenraum.

    “Der Rosensteintunnel sollte den Verkehr beruhigen und Flächen vom Autoverkehr befreien. Nun lassen die Planungen nicht nur die Kosten explodieren, sondern auch den Autoverkehr. Das aber führt die Bürgermeister Thürnau, Pätzold und Dr. Maier nicht etwa zu Überlegungen, wie sie den dringend benötigten Platz für den Rad-und Fußverkehr schaffen, sondern sie wollen noch einmal prüfen, ob der Autoverkehr eine Öffnung der Wilhelmsbrücke überhaupt zulasse.” moniert Thijs Lucas, Verkehrsexperte vom Radentscheid Stuttgart. Und weiter: “Es kann nicht sein, dass die Stadtverwaltung immer wieder Beschlüsse des Gemeinderats in Frage stellt. Sie muss endlich so handeln und die Stadt so gestalten, wie es der Gemeinderat fordert. Das ist seit vielen Jahren mehr Platz für den Fuß-und Radverkehr.

    ”Mit der Planung des Rosensteintunnels 2012 wurden 22 Begleitmaßnahmen beschlossen, die den Anwohner*innen sowie dem Fuß-und Radverkehr zu Gute kommen sollten. Die Altstadt von Bad Cannstatt mit ihrem Fachwerk und den kleinen Gassen verdient eine Aufwertung und das geht vor allem über die Anbindung mit attraktiven Fuß-und Radwegen über den Neckar. Nicht zu vergessen die Chancen, die sich für die Bewohnerinnen und Bewohner der Neckarvorstadt ergeben. Die Stadtverwaltung sollte deshalb nicht mit unnötig langen Verkehrszählungen die Begleitmaßnahmen verzögern, sondern möglichst schnell in die Umsetzung gehen. Dazu zählt die schnelle Öffnung der Wilhelmsbrücke für den Fuß-und Radverkehr, sowie eine vom Autoverkehr geschützte Pop Up Bike Lane mit provisorischer Trennung auf der Schönestraße.

    Statt wieder nur Autoverkehr zu zählen, sollte die Stadtverwaltung die Potenziale für den Fuß-und Radverkehr erfassen und umsetzen. Ein paar Meter weiter auf der König-Karls-Brücke zeigen die Verkehrszählungen einen Anstieg des Radverkehrs um 25% allein in 2020. Dort gibt es einen Radweg. Bisher sind in folgenden Städten weitere Aktionen unter #popupweltfahrradtag geplant:

    Bergisch Gladbach, Berlin, Bochum, Esslingen, Flörsheim, Frankfurt a. M., Freiburg, Karlsruhe, Kassel, Koblenz, Köln, Leipzig, Lüneburg, Mannheim, Marl, Mönchengladbach, Nürtingen, Osnabrück, Regensburg, Stuttgart, Wiesbaden, Wuppertal, Weimar. Aufgrund von Terminüberschneidungen finden bzw. fanden in Schwerin, Rostock, Lübeck und Freising Aktionen kurz vor oder kurz nach dem 3. Juni statt.

    Weiterführende Infos zum Aktionstag des BundesRad, dem Bündnis der Radentscheide:

    https://changing-cities.org/der-erste-bundesweite-pop-up-weltfahrradtag

     

    Quelle: Pressemitteilung Radentscheid Stuttgart

     

    Bildergalerie Wilhelmsbrücke Bad Cannstatt, Weltfahrradtag 2021:

    (Quelle Fotos Weltfahrradtag: Christina, Stephan, Thijs)

     

    Video:

     

    (Quelle: Andreas Leitz)

     

    Presseberichte:

    Weltfahrradtag in Stuttgart – Initiative macht Wilhelmsbrücke zur autofreien Zone, Stuttgarter Zeitung, 03.06.2021

    Pop-Up-Radwege und Demos zum Welt-Fahrradtag, SWR, 03.06.2021

  • Singapur: keine neuen KFZ

    Im asiatischen Stadtstaat Singapur gibt es etwa 570.000 KFZ bei ca. 5,6Mio Einwohner:innen. Das ist eine Quote von ungefähr 10%. In Deutschland ist diese Quote meist bei 40-50%; Stuttgart hat gut 303.000 Autos (Quelle) bei 614.000 Einwohner:innen (Quelle – also 49%). Und obwohl es dort so relativ wenige Autos gibt, ist es für die Menschen dort zu viel. 2018 wurde eine neue Regelung eingeführt, bei der keine neuen Autos mehr zugelassen werden durften. Ein neues Auto darf man dort nur noch zulassen, wenn ein altes dafür abgemeldet wird.
    Sowohl bei der ARD als auch beim ZDF wird darüber berichtet, dass eine solche Registrierung für ein neues Auto 35.000€ oder 80.000$ kostet, während sie lediglich 10 Jahre lang gültig ist und nur per Losverfahren vergeben wird.

  • Toronto: Umsatzsteigerung nach Streichung von Parkplätzen

    In der kanadischen Metropole Toronto wurde jahrelang für den Radweg entlang einer großen Hauptverkehrsstraße gekämpft. Als 2016 dann endlich 136 Parkplätze auf einem 2,4km langen Stück der Bloor Street entfielen, wurde vom Handel und den Restaurants Umsatzeinbußen befürchtet. Allerdings ist das Gegenteil passiert. Es kamen mehr Kunden, die dazu noch mehr Geld ausgaben. Vergleiche mit ähnlichen Straßen zeigten, dass die Umsatzsteigerung dort geringer ausgefallen ist.

    Bei der Welt kann man die Nachricht dazu lesen, es gibt auch einen Link zur wissenschaftlichen Studie, die zu dem Schluss kam, dass dieser Radweg einen neutralen bis positiven Effekt auf die lokalen Geschäfte hat.

  • Madrid: Umsatzsteigerung nach Sperrung für Autos

    Die Stadt Madrid hat im Weihnachtsgeschäft 2018 die Innenstadt für KFZ gesperrt. Dass man dabei selbstverständlich eine Verbesserung der Luftqualität beobachten konnte, sollte eigentlich nicht der Rede Wert sein. Dazu kam jedoch noch eine Umsatzsteigerung der lokalen Geschäfte hinzu.

    Nach einer Studie einer Großbank stiegen in den autofreien Gebieten die Verkaufszahlen um 9,5%, während sie in der restliche Stadt lediglich um etwa 3% stiegen, wie in der schweizer Handelszeitung zu lesen ist.

  • Wien: Lückenschluss des Wiental-Radweges

    Die österreichische Hauptstadt Wien arbeitet daran, den Wiental-Radweg zu vervollständigen. Es gab offenbar vier Alternativen, die geprüft wurden, um dies umzusetzen. Es wurde die Variante gewählt, bei der zwar 60 Parkplätze entfallen werden, jedoch keine Spuren für den Autoverkehr. Die entfallenen Parkplätze sollen anderweitig bereit gestellt werden.

    Neben dem Ziel, diese Lücke im Radwege-Netz zu schließen ist eine weitere Motivation, den Radfahrenden einen Umweg zu ersparen, bzw. sie davon abzuhalten, den dortigen Gehweg zu benutzen.

  • Utah: Einführung des Idaho-Stop

    Im amerikanischen Staat Utah wird darüber gesprochen, den sog. „Idaho Stop“ für Radfahrer*innen einzuführen. Das bedeutet, dass an einer roten Ampel oder einem Stopp-Schild nicht mehr zwingend angehalten werden muss. Wenn alles frei ist, darf der*die Radfahrende wie bei einem „Vorfahrt achten“-Schild fahren. Der Name kommt aus dem benachbarten Staat Idaho, der diese Regelung bereits seit 1982 hat und dort die verunglückten Radfahrer*innen um 14% reduziert wurden.

    Die politische Vertreterin dieser Initiative wird damit zitiert, dass man dem Urteilsvermögen der Radfahrenden vertrauen solle, denn sie wissen, dass sie bei Unfällen die Verlierer sind.

     

  • Halle: Verbot von „Elterntaxis“

    Die Stadt Halle will im Frühjahr damit beginnen, an drei Grundschulen die sog. „Elterntaxis“ zu verbieten. Dazu werden in 200-300m Entfernung dreier Grundschulen Hol- und Bringzonen eingerichtet. Das soll verhindern, dass die Eltern mit den Autos direkt vor die Schultüre fahren und dabei die anderen Kinder behindern und gefährden.

    Im Bericht wird davon gesprochen, dass es eine politische Initiative sei, die den Kindern damit nebenbei auch noch etwas mehr Selbstständigkeit beibringen will.

  • Sydney: temporäre Spielstraßen

    In der australischen Großstadt Sydney gibt es Pläne, bestimmte Straßen zeitweise für den Autoverkehr zu sperren. Sie sind damit zugänglich für Kinder, die den neu gewonnenen Raum zum Spielen und Toben nutzen können. Im Frühjahr, bzw. deren Winter, soll mit den Tests dieser temporären Spielstraßen begonnen werden.

    Im Artikel ist zu lesen, dass es Regelungen für diese Straßen gibt (sie dürfen z.B. nicht an einem Park sein) und dass während der Zeit keine „kommerziellen Aktivitäten“ erlaubt sind.

  • München: Gesamtkonzeption zum Fahrradparken

    In München hat der Stadtrat fast einstimmig eine Gesamtkonzeption beschlossen, in der 1.000 neue Fahrradstellplätze pro Jahr erschaffen werden sollen. Dabei sollen auch vermehrt Auto-Parkplätze umgewandelt werden. Zum Konzept gehören auch Flex-Parkplätze, d.h. dass es z.B. vor Schulen tagsüber Fahrradparkplätze gibt, nach der Schulzeit dann KFZ-Parkplätze.

    Im Artikel der Süddeutschen Zeitung ist auch zu lesen, dass ebenfalls drei Pilotprojekte mit „saisonalen Abstellflächen“ gestartet werden sollen.

    Für uns Stuttgarter ist es ein bisschen sonderbar zu lesen, dass sogar die CSU dafür ist, dass der Umstieg vom Auto zum Rad möglichst attraktiv gestaltet werden. Hier wird eher das Gegenteil gefordert und 75 Radbügel in einem Stadtteil werden als großer Erfolg im „Kampf um jeden Zentimeter“ verkauft.

  • Leipzig: eigene*r Fußverkehrsverantwortliche*r

    Die Stadt Leipzig will den Autoverkehr reduzieren, indem sie einen Großteil der sehr kurzen Autofahrten auf den Fußverkehr verlagern möchte. Man geht davon aus, dass jede fünfte Autofahrt im Innenstadt-Bereich (ca 22%) kürzer als zwei Kilometer ist. Diese Strecke kann jeder gesunde Mensch innerhalb weniger Minuten ohne Probleme zu Fuß laufen. Dass die Infrastruktur auch so angelegt wird, dass sie dabei kein Hindernis ist, ist u.a. eine Aufgabe dieser*s Fußverkehrsverantwortlichen.

    In dem Artikel steht, dass der aktuelle Fußverkehrsverantwortliche das Zu-Fuß-Gehen auch zu einem „Coolness-Faktor, wie beim Radfahren“ verhelfen möchte.