Bei den Diskussionen in Stuttgart zur Aufteilung des Verkehrsraums kommt meist früher als später das Argument, dass man den Radverkehr bloß nicht bevorzugen dürfe. Selbst diese Ansicht ist mehr als fraglich, wird aber so meist kommentarlos hingenommen. Viele Städte versuchen schon seit Jahren dem Radverkehr (und nebenbei auch dem Fußverkehr) seinen Platz zu geben und schränken dafür den MIV (motorisierten Individualverkehr) ein. Das funktioniert nach ersten Widerständen immer sehr gut. Auf diese Erfahrungen will die Stadt Stuttgart jedoch nicht bauen, sie zementiert weiterhin den Status Quo: einen durchwegs stark bevorzugten MIV – bei jeder sich bietenden Gelegenheit!
Hier nur mal zwei Beispiele: Im Westen gibt es die Rötestraße. Dort wird dem Fußverkehr deutlich gemacht, dass er für die Stadt einfach nichts bedeutet und sich (wie so viel anderes) den parkenden Autos unterzuordnen hat. Während die meisten der dort parkenden Autos auf der Straße stehen, hat die Stadt zwei Parkplätze zur Hälfte auf den Gehweg eingezeichnet. Das oft gehörte Argument „Parkdruck“ greift hier nicht, da die Parkplätze auch problemlos auf der Straße sein könnten. Außerdem ist es in einer Stadt, wo die Zulassungszahlen für übergroße SUVs ständig stark steigen, hinfällig. An dieser Stelle sowieso, weil an der nächsten Kreuzung, etwa 100m weiter, ein Parkhaus mit freien Stellplätzen ist.
offizielle Gehwegparkplätze im Stuttgarter Westen zum Nachteil des Fußverkehrs
Ein anderes Beispiel, diesmal für (bzw. gegen) den Radverkehr, am Neckartor. Wenn man aus dem Park kommt, steht man an dieser Bettelampel und die Führung geht nach links. Dort kommt man jedoch im Gegenverkehr der dreispurigen Neckarstraße an und muss sich auf der kleinen Insel (beim grünen Blitz) aufstellen. Mit zwei Lastenrädern oder fünf bis sechs normalen Rädern ist diese Insel voll. Dann müssen sich die Radfahrer*innen in den Gegenverkehr oder auf die Straße stellen. Und das in einer Stadt die nach offiziellen Aussagen einen deutlich steigenden Radverkehrsanteil will und dies hier eine Abzweigung von der sogenannten Hauptradroute 1 ist. Auf dieser Insel gibt es keine Bettelampel, sie gibt einfach so nur bei jedem zweiten Umlauf dem Radverkehr grün, damit er endlich auf die nächste Insel rollen kann. Bei den zwei gelben Blitzen ist dann ein Bettelknopf, mit dem man hier grün anfordern muss.
Ampelführung am Neckartor mit deutlichem Nachteil für den Radverkehr
Drei Ampeln und mehrere Ampelumläufe später hat man dann diese Kreuzung überquert, die jede*r Autofahrer*in problemlos mit einer Ampel und langen Grünphasen auf drei Spuren in jeder Richtung passiert.
Würde man in der Stadtverwaltung den Radfahrer*innen nicht immer das Gefühl geben müssen, dass sie Verkehrsteilnehmer dritter Klasse sind, könnte man das natürlich besser machen: Einen roten „Schutzstreifen“ (der natürlich nicht schützt, aber eben euphemistisch so heißt) direkt in die korrekte Spur aufmalen. Und dann die Ampel beim gelben Zickzack so umprogrammieren, dass der Radverkehr hier in einem Zug durchkommt. Da dies jedoch eine unmögliche Aufgabe ist, selbst für den selbsternannten „Ampelgott“, der bei der Stadt Stuttgart arbeitet, wäre die Alternative, an dieser Stelle vor der Ampel wenigstens Haltebügel anzubringen. Somit müssten die Radfahrer*innen dort wenigstens nicht absteigen.
Dies sind nur zwei von vielen, vielen Beispielen aus der ganzen Stadt, wo Rad- und Fußverkehr systematisch benachteiligt werden. Etwas drastischer ist es bei „Radfahren in Stuttgart“ ausgedrückt: Verarschen kan ich mich selber!
Wie man bei einer solchen Infrastruktur auch nur ansatzweise von der Bevorzugung des Rad- oder gar Fußverkehrs reden kann, leuchtet uns überhaupt nicht ein!
Vor Kurzem wurde der Behelfs-Radweg auf der Westseite des Landtages wieder zur Wiese zurückgebaut und die ursprüngliche Routenführung wieder hergestellt. Sie ist nun wieder auf der anderen Seite des Landtages. Dieser Radweg hat eigentlich nie richtig funktioniert. Obwohl das Ordnungsamt der Stadt Stuttgart dort täglich stand, liefen immer Fußgänger*innen auf diesem Weg und es wurde all die ganzen Jahre nicht ein einziger davon jemals mit einem Ordnungswidrigkeits-Bußgeld verwarnt.
Als Radfahrer*in in der selbsternannten „Fahrradstadt Stuttgart“ wundert man sich über diese Führung doch sehr. Manche Bürger*innen, die noch nicht so lange in Stuttgart sind, kennen diesen Weg nicht mal. Nebenbei gesagt: Es ist nicht irgendein Feld- und Wiesen-Touristenradweg. Nein, es ist vielmehr die Hauptradroute 1 – die einzige, überwiegend fertig gestellte Hauptradroute hier in der Großstadt Stuttgart.
Schon die Anfahrt zu diesem Stück Radweg ist abenteuerlich. Man muss über eine miserable Oberfläche mit Baumwurzeln, schief stehende Platten und fehlenden Steinen im Kopfsteinpflaster klar komme und die recht engen und schlecht einsehbaren Kurven um den Akademiebrunnen nehmen.
Dann ist man auf dem wieder eröffneten Weg, auch hier ist Kopfsteinpflaster. Das passt nicht so recht zu einem Radweg.
Kopfsteinpflaster so weit das Auge sieht
Nicht nur das Kopfsteinpflaster ist hier zu beklagen, auch die Schächte, die deutlich unter dem Nieveau der Oberfläche liegen, sind nicht Fahrrad-freudlich angelegt.
Gullydeckel mitten auf der Fahrbahn
Inzwischen merkt man auch, dass nicht nur das Kopfsteinpflaster an sich hier das Problem ist. Es ist vor allem der Zustand des Pflasters. Es sind sehr viele Steine kaputt oder schlicht zertrümmert.
ein paar Steine im Pflaster sind kaputt
Oder sie fehlen gar komplett, was ziemliche Lücken hinterlässt.
andere Steine fehlen im Pflaster komplett
Mitten drin auf dem kurzen Stück sieht man eine weitere Baustelle. Wir sind keine Bauingenieure*innen, aber es sieht doch stark danach aus, dass hier eine weitere Querung über die Hauptradroute gebaut wird; mit High-Tech Pollern, die versenkbar zu sein scheinen.
neuer Überweg mit High-Tech-Pollern
Ein paar weitere Meter im Verlauf kommt noch das für Stuttgart offensichtlich obligatorische Stück Schotter. Es ist zwar nur einen guten Meter lang, aber man fragt sich doch, was das nun schon wieder soll?
noch ein Stückchen Schotterpiste
Das Highlight ist dann eine mehrere Zentimeter hohe Bordsteinkante quer über den kompletten Radweg. Solange man das kennt und ein entsprechendes Fahrrad mit korrekt aufgepumpten Reifen hat, ist das nicht so schlimm. Hat man gerade mal etwas zu wenig Druck auf den Reifen, könnte man sich hier problemlos ein Durchschlags-Plattfuss („Snakebite“) zuziehen. Kinder in Lastenrädern, Anhängern oder Kindersitzen werden hier hart durchgeschüttelt.
eine mehrere Zentimeter hohe Kante
Am Ende dann noch ein Schild, das eindeutig besagt, dass das hier eben wirklich die Hauptradroute 1 („HRR 1“) war. Jetzt muss man nur noch die Ausfahrt des Landtags-Parkplatzes/Tiefgarage queren. Man sieht selbst nichts, weil dort das Kassenhäuschen direkt in der Sichtachse steht. Außerdem steht dort eigentlich immer ein Falschparker; es wäre ja nicht Stuttgart, wenn man Bilder ohne solche Falschparker machen könnte. Stichwort: #Stuttgartparktfair
Gegenverkehr auf der Parkplatz-Ausfahrt
Auch von der Gegenrichtung aus ist man als Radfahrer*in natürlich nicht von den ausfahrenden Autos zu sehen. Abgesehen von den nicht einsehbaren Sichtbeziehungen ist der Fokus der Autofahrer*innen vermutlich eher beim Autoverkehr der achtspurigen Straße, auf den sie sich hier einfädeln wollen.
absolut keine Sicht auf der Radweg
Fährt man dann als Radfahrer*in bei Regenwetter auf der Hauptradroute weiter, muss man gut aufpassen, nicht auf dieses Metallgitter zu kommen. Das ist sehr rutschig, wenn die Oberfläche nicht ganz trocken ist und mal kann dann sehr einfach stürzen.
super rutschige Gitter oder super holpriges Kopfsteinpflaster
Alles in allem kann man sagen, dass dieses Stück Radweg sehr weit weg von irgendwelchen Qualitätsstandards und einer Hauptradroute absolut unwürdig ist.
Und ist zwar nicht so recht klar, wer hierfür jetzt zuständig ist. Aber sowohl das Land Baden-Württemberg versucht sich als „Fahrrad-freundlich“ zu positionieren, als auch die Stadt Stuttgart, die mit dem Zielbeschluss zu den Forderungen des Radentscheids jetzt sogar eine „Fahrradstadt“ werden will.
Wie mit einer solchen grundsätzlich positiven Ausgangslage dann trotzdem eine solch miserable Lösung zustande kommen kann, bleibt ein Geheimnis!
Mit dieser katastrophalen Baustelle verhält es sich ein bisschen wie mit diesem Sprichwort, dass man nicht hinschauen kann, aber halt auch nicht wegschauen.
Daher haben wir die Baustelle nochmal besucht und tatsächlich Änderungen festgestellt.
An der Sperrbake ist nun mit Kabelbindern ein laminiertes Schild mit einem Fahrrad drauf und dem Spruch „Bitte Unterführung benutzen“ angebracht. Als erfahrene Baustellen-Radler fragen wir uns noch, ob das jetzt wirklich in die Unterführung gehen soll. Dort ist, wie wir schon gesehen haben, ja ein viel zu schmaler und zu steiler Gehweg.
Unterführung, zum Ersten
Und tatsächlich! Die Stadt (oder war es jemand anderes?) hat hier nochmal ein solches Schild angebracht. Jetzt allerdings mit dem Pfeil in die andere Richtung, direkt auf den Gehweg.
Umleitung, tatsächlich auf dem Gehweg
So sieht also eine Verbesserung der miserablen Situation aus. Weder als Radfahrer*in noch als Fußgänger*in fühlt man sich so von der Stadt ernst genommen.
Offenbar ist der KFZ-Verkehr das einzige, was in dieser Stadt zählt.
die Stadt Stuttgart probiert mal wieder ein neue Maßnahme aus, um den Luftschadstoffen Herr zu werden. Alle bisherigen Maßnahmen haben nicht so richtig funktioniert, die Mooswand vertrocknete, die CityTrees haben nur dem Hersteller genutzt, die Feinstaub-Kehrmaschinen machten hauptsächlich Lärm und auch Feinstaub, die Filtersäulen verbrauchen primär Strom und stehen auf den Gehwegen rum.
Aber jetzt hat die Stadt den heiligen Gral gefunden: einen Straßenbelag, der den Feinstaub und die NOx-Belastung einfach so verschwinden lässt. Wie jede neue Technologie kommt es dem Laien wie Zauberei vor, aber die Profis der Stadt werden nach all den bisherigen Rückschlägen doch jetzt endlich mal die sprichwörtliche „Nadel im Heuhaufen“ gefunden haben.
Was bei der ganzen Umbau-Maßnahme wieder komplett vergessen – oder vielleicht sogar absichtlich völlig ignoriert wurde: der Fuß- und Radverkehr. Ups, das kann in der Autostadt *hüstel* Sorry *hüstel* *räusper* Fahrradstadt, natürlich! Wir sind doch seit dem Radentscheid eine FAHRRADSTADT! Wie auch immer, das kann ja mal passieren.
Wenn man aus dem Park in den Osten will, gibt es dort eigentlich eine Ampel über diese Bundesstraße mit sechs sehr breiten Spuren. Schlecht gemacht und schlecht geschaltet – aber man ist ja schon froh, wenn es in der Fahrradstadt Stuttgart wenigstens mal irgendetwas für den Radverkehr gibt. Jetzt aber nicht mehr, auf dem Radweg steht eine Sperrbake, zum Hohn hat man das Radwegschild natürlich schön sichtbar hängen lassen. Das „Fahrrad frei“ rechts davon hat man sicherheitshalber mal durchgestrichen. Nicht dass irgend so ein*e Radfahrer*in auf die Idee kommt, da lang zu fahren.
hier geht es nicht mehr weiter
Von einer Umleitung ist weit und breit nichts zu sehen, der*die ortskundige Radler*in weiß, dass bei Ampel-Störungen die Unterführung zu nutzen ist. Zumindest gibt es ein Schild irgendwo hier, das so etwas vorschreibt. Bis vor Kurzem war diese Unterführung noch eine große Baustelle, man kam dort zwar rein, auf der anderen Seite aber nicht mehr raus.
Inzwischen ist diese Baustelle einen Schritt fertiger und man soll jetzt mit dem Rad auf diesen Gehweg ausweichen. Fahren darf man dort ja offiziell nicht, also müsste man schieben. Wie viele Radfahrer*innen das machen, kann man vermutlich an einer Hand abzählen. Die Stuttgarter Baustellen-Lösung für Radfahrer „Absteigen und Schieben“ ist einfach keine Lösung und zeigt an eigentlich jeder einzelnen Baustelle in der Stadt, wie heillos überfordert die Stadtverwaltung mit den Anforderungen des Radverkehrs ist!
Die Umleitung: ein Fußweg
Man kann jetzt nur hoffen, dass man in der engen Unterführung (dort unten ist nämlich auch, bzw. weiterhin eine Baustelle), die dazu gleichzeitig auch eine U-Bahn-Station ist, weder Leute umfährt, die unachtsam von einem Gleis zum nächsten hasten oder eine*n Rollifahrer*in, bzw. eine*n Kinderwagen-Schieber*in auf den viel zu schmalen Rampen erwischt. Wer sein Rad schiebt und vielleicht sogar ein Lastenrad mit zwei Kindern drin fährt, kommt bei der langen und steilen Auffahrt gut durchgeschwitzt auf der Seite der Schubartstraße raus. Ein Blick zurück verrät, dass diese Auf-/Abfahrt gar keine Beschilderung hat. Ist es ein Fußweg? Ein Radweg? Beides? Man weiß es nicht.
Auf jeden Fall kommt man jetzt irgendwie auf diese Straße hier, die Neckarstraße. Man soll hier von einer Legion von temporären Baustellen-Schildern geleitet werden. Wobei das treffendere Wort eher verwirrt ist. Neben den vielen Schildern sind direkt neben einem noch sehr viele, sehr genervte Autofahrer*innen, die mit der Situation auch nicht so recht klar kommen. Vor lauter Obacht-geben übersieht man leicht das kleine Fahrrad-Umweg-Schild; wir haben es auch erst beim dritten Anlauf gesehen, obwohl ich probierte, jedes Detail dieser Baustelle beim ersten Mal zu erfassen – es ist unmöglich.
viele, viele Verkehrsschilder
Was es auch etwas schwierig macht, sind die obligatorischen Falschparker*innen, die in Stuttgart natürlich überall stehen. Man nennt sie verniedlichend Fairparker und hat sogar einen eigenen Hashtag für sie entwickelt: #StuttgartParktFair.
Die Halteverbotsschilder stellt man in Stuttgart natürlich auch auf den Gehweg und nicht etwa direkt in das Halteverbot auf die Straße. Dann könnte da ja vielleicht wirklich kein Auto stehen und man würde somit auch die Fußgänger*innen nicht behindern. Unmöglich in Stuttgart!
StuttgartParktFair ist auch dabei
Also, das Umleitungsschild habe ich übersehen, sogar zweimal. Was mir aber auffällt: dieses Verkehrsführungsschild steht jetzt auf einmal mitten auf dem immer noch irgendwie vorhandenen Radstreifen. Man hätte das ja auch problemlos irgendwo anders hin stellen können. Aber hier in Stuttgart gilt immer die Maxime:
Handle jederzeit so, dass der Radverkehr maximal behindert wird und versuche das mit der Leichtigkeit des Autoverkehrs zu argumentieren.
Auch hier wieder dabei, sonst wäre es in Stuttgart ja unglaubwürdig: der*die obligatorische Falschparker*in.
Schild auf dem Radstreifen, mit Falschparker
Nagut, wir fahren mal geradeaus weiter und schauen uns das von der anderen Seite aus an.
Auf den ersten Blick etwas besser. Die Durchfahrt ist lediglich für die Autos verboten. Fahrräder dürfen laut dieser Beschilderung irgendwie durchfahren. Aber irgendwie auch nicht, zum einen steht die Sperrbake mitten auf dem Radstreifen, zum anderen weist der blau/weiße Pfeil alle Verkehrsteilnehmer an, hier links zu fahren. Wir machen uns noch kurz über dieses selbst ausgedruckte Schild „Zur Schwabengarage frei“ lustig (in Stuttgart kann ja jede*r irgendwas an der Beschilderung ändern, die Stadt kontrolliert es sowieso nicht) und fahren wenige Meter weiter.
Fahrräder dürfen hier vielleicht fahren
Jetzt ist aber Schluss. Zwei Durchfahrt-verboten-Schilder, Rettungsdienst frei. Dazu gehören wir nicht und wir fragen uns: Wie soll man legal an diesen Schildern vorbei kommen, um auf die drei Meter später ausgeschilderte Fahrrad-Umleitung zu kommen?
Das kann bei der Stadt vermutlich auch niemand beantworten. Vielleicht haben sie es irgendwann mal in einer Schulung gehört, dass es sowas wie Fahrräder gibt. Wie man damit fährt, scheint in der Stadtverwaltung völlig unbekannt zu sein.
Fahrrad-Umleitung nach dem Durchfahrtsverbot
Wenn man dieser Umleitung trotzdem folgt, kommt gleich danach das nächste Problem: Diese Umleitung geht über einen hohen Bordstein. Hier denken wir wieder an den*die Lastenrad-Fahrer*in mit den zwei Kindern vorne drin. Tja, Pech gehabt! Wäre ja noch schöner, wenn diese Lastenrad-Familien, die von der Stadt ja schon finanziell gefördert wurden, jetzt mit ihren Rädern auch noch irgendwo ungestört fahren könnten. Nicht in Stuttgart!
Bordsteine, Bettelampel, Doppel-Rot
Natürlich wird in Stuttgart hier auch eine Bettelampel für die Fußgänger installiert, mit Doppel-Rot. Wir erinnern uns an die obige Maxime, es muss nicht nur maximal schlecht für den Radverkehr sein, auch Fußgänger*innen müssen jederzeit maximal behindert werden!
Noch kurz eine Nahaufnahme von dem Bordstein. Den hätten wir jetzt einmal rauf, einmal runter und nochmal rauf vor uns. Juhu!
nur noch ein paar solcher Bordsteine
Auf der anderen Straßenseite hat man die Ampel, inkl. der breiten Betonfüße, selbstverständlich wieder auf den Gehweg gestellt. Es muss ja, wir erinnern uns, maximal behindernd ausgeführt werden. Wie man dieser Rad-Umleitung da im Hintergrund hinter dem Baum vernünftig folgen soll, ist völlig unklar. Aber die Stadt kann wenigstens sagen, dass sie doch ein Schild aufgestellt hat.
noch ein letzter Bordstein
Von hier geht es dann irgendwie der Umleitung hinterher und einen kleinen Hügel hoch und wieder runter, bis wir wieder am Neckartor sind. Zurück kommen wir offenbar nicht mehr. Hier greift die andere Stuttgarter Spezialität: Radfahrer*innen müssen sich jetzt in Luft auflösen! Für Fußgänger*innen gibt es die Unterführung, für Radfahrer*innen lediglich das Durchfahrt-verboten-Schild.
Keine Umleitung für Fahrräder
Das ist nur mal ein kurzer Abriss über diese Baustelle, die wie so viele in Stuttgart völlig ohne die Belange von Rad- und Fußverkehr geplant und umgesetzt werden. Beim Autoverkehr werden jedoch keinerlei Abstriche gemacht, hier wurden sogar die Ampeln extra abgehängt, damit die Autos hier freie Fahrt haben, wie auf diesem kurzen Video vom Radentscheid zu sehen ist.
Diese ganze Situation ist nicht nur uns aufgefallen, sondern neben einigen Social-Media-Nutzer*innen auch der BI Neckartor und dem Blog Radfahren in Stuttgart. Die Stuttgarter Gruppe des Fuss e.V. findet noch treffendere Worte und beschreibt es als die „Baustelle des Grauens“ und der ADFC Stuttgart hat einen offenen Brief verfasst.
Zusammenfassen kann man sagen, dass es absolut unverständlich ist, wie der OB Kuhn noch vor wenigen Wochen öffentlich verkündete, dass Stuttgart Fahrradstadt werden solle und er in wenigen Jahren den Radverkehrsanteil auf über 25% erhöhen will. Jede der wenigen und kleinen Maßnahmen, die die Stadt umsetzt, lässt die Radfahrer-Gemeinschaft fragend zurück und solche Aktionen fühlen sich wie ein Schlag ins Gesicht jeder*s Radfahrer*in an. Es gibt 35249 Menschen in Stuttgart, die für die Forderungen des Radentscheids unterschrieben haben, keine einzige Person davon ist mit einer solchen Lösung zufrieden, und wenn sie noch so temporär ist. Es muss aufhören, dass bei jeder Planung immer nur AUTO, AUTO, AUTO gedacht wird, dann nochmal AUTO und dann auf den letzten Zentimetern die Fußgänger*innen und Radfahrer*innen gemischt werden!
Kanada nimmt es ernst mit der Umsetzung von Vision Zero. Viele kanadische Städte haben sich ein Grundlagen-Dokument gegeben, das regelt, wie die Straßen in ihrer Kommune gebaut werden sollen. Hierbei gilt, dass Menschen jedes Alters sich dort sicher bewegen können, nicht nur die Autofahrenden, wie in so vielen Städten hier in Deutschland. Es gilt vor allem für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen, ebenso für ÖPNV-Nutzer*innen. Solche Straßen werden dann sinnvoll als „complete street“ bezeichnet, eine „vollständige Straße“.
Dazu gibt es auch eine Webseite mit einer Karte, die alle diese Absichtserklärungen sammelt und für einige Städte auch Beispiele der Umsetzung anzeigt.
Wir vom Zweirat Stuttgart heißen Frau Éva Ádám herzlich in Stuttgart willkommen und wünschen ihr alles Gute und vor allem sehr viel Erfolg als neue Fahrradbeauftragte! Nach einigen Gerüchten hat die Stadt heute eine offizielle Meldung dazu veröffentlicht. Uns freut es, dass diese wichtige Stelle in der Stadt nach dem internen Wechsel von Herr Claus Köhnlein wieder mit einer starken Persönlichkeit besetzt ist.
Gerne treten wir mit ihr in einen konstruktiven Dialog für ein fahrradfreundliches Stuttgart und freuen uns auf ein baldiges Kennenlernen. Natürlich kann sie bei allem, was das Thema „Fahrrad fahren in Stuttgart“ angeht, auf unsere tatkräftige Unterstützung zählen.
Denn wir denken, dass Stuttgart schon längst keine Auto- sondern vielmehr eine Fahrrad-Stadt ist!
Unsere Design-Abteilung hat wieder etwas Feines gezaubert: ein Racing-Shirt im Zweirat-Stil. Und weil das so gut ist, wollen wir es Euch allen anbieten!
Wenn es Euch gefällt, schaut doch schnell auf dieser Seite, welches wohl Eure Größe ist. Und dann meldet Euch bei Lukas (lukas.betzler//ät//gmx.de), der sammelt in den nächsten Wochen alle Bestellungen – auf Weihnachten wird das also leider nichts mehr.
Zu den Kosten: Wir werden wohl mehr als zehn Bestellungen zusammen kriegen, dann wird das Shirt etwa 59€ kosten. Einen finanziellen Gewinn machen wir damit nicht, aber ästhetisch sind wir damit ganz weit vorne!
So wird das dann aussehen
Zweirat Stuttgart Racing ShirtZweirat Stuttgart Racing ShirtZweirat Stuttgart Racing ShirtZweirat Stuttgart Racing Shirt
Wir haben über die durchaus als seriös zu bezeichnende Quelle Kessel.TV auf twitter mitbekommen, dass die Stadt zusammen mit der Polizei eine Kontroll-Aktion plant. Diesmal sind Fahrradfahrer*innen ohne Licht am kommenden Donnerstag im Visier.
Fahrrad-Licht-Kontrolle
Ein verkehrssicheres Fahrrad ist, gerade bei diesen Lichtverhältnissen, natürlich überhaupt nicht abzustreiten. Uns wundert lediglich, wie diese enorme Prominenz zu diesem Termin zustande kommt. Zwei Bürgermeister und dazu noch der Polizeipräsident haben sich angekündigt, die Presse wurde auch gleich eingeladen.
Wenn man sich jedoch die Unfallstatistik der Stadt Stuttgart anschaut, sieht man, dass lediglich 447 Unfälle mit Radfahrer*innen passierten. Und das sind sogar 1,3% weniger als im Vorjahr gewesen. Insgesamt sind 2017 26824 (+0,4%) Unfälle passiert. D.h. nur 1,6% aller Unfälle in Stuttgart sind mit der Beteiligung von Radfahrer*innen – und dabei ist noch nichts über die Schuldfrage gesagt. Nebenbei: bei der Mehrzahl der Fahrrad-Unfälle sind sie völlig unschuldig.
Erst vor wenigen Tagen hat die Stadt auch mit lediglich einem Bürgermeister und völlig ohne Polizei (aber auch mit Medien) die Kampagne „Stuttgart parkt fair“ vorgestellt. Dabei wird einfach das bereits 2016 erdachte Konzept wieder aufgewärmt, und man betont, dass man jetzt aber wirklich mal etwas gegen die Falschparker*innen unternehmen will. 2016 hat es nicht so richtig funktioniert, wir hoffen und wünschen, dass es diesmal erfolgreicher wird. Wer die Stadt unterstützen möchte, kann gerne unter dem Hashtag #stuttgartparktfair die besten Fairparker zeigen.
Und wer kann sich noch an die Ankündigung der Polizei erinnern, dass sie das Dieselfahrverbot überhaupt nicht kontrollieren will? Wenn zufällig mal ein solches Auto in eine Kontrolle kommt, dann will man den/die Fahrer*in zwar mündlich verwarnen, aber eine Strafe wird es nicht geben.
Auch der Oberbürgermeister nimmt das nicht so ernst, er „appelliert“ lediglich an die Leute, dass sie doch bitte die Gesetze einhalten sollen. Wie diese Appelle funktionieren (nämlich gar nicht), sollte er seit der Einführung der freiwilligen Feinstaub-Alarme doch bereits gelernt haben. Damit sowas aber auch gar nicht erst passiert, werden jetzt fleißig Ausnahmegenehmigungen verteilt.
Dazu gibt es in Stuttgart leider die sehr tragische Wiederholung von Unfällen, bei denen (Klein-)Kinder auf dem Gehweg über- oder gar totgefahren werden. Erst vor Kurzem wieder im Stuttgarter Osten, als ein zweijähriges Kleinkind von einem Range Rover überfahren wurde. Im Juni wurde bereits ein Artikel veröffentlicht, der darlegt, dass in den zwölf Monaten davor bereits vier Kinder im Straßenverkehr getötet wurden, natürlich von Kraftfahrzeugen. In diesem Artikel wird dann noch ein Fazit gezogen:
Für die Stuttgarter Polizei ist mit 2017 ein eher düsteres Jahr zu Ende gegangen. Die Zahl der Kinderunfälle stieg um 13 Prozent auf 106 Fälle, die Zahl der verletzten Kinder kletterte von 147 auf 161. Für die Polizei ist klar: „Kinder bedürfen ständiger Aufmerksamkeit und eines besonderen Schutzes im Straßenverkehr.“
Und nach all diesen Vorkommnissen ist für den Polizeipräsidenten und zwei Bürgermeister die logische Schlussfolgerung, dass sie Fahrrad-Fahrer*innen auf der einzigen Fahrrad-Straße der Stadt auf korrekte Beleuchtung kontrollieren wollen?
Diese Prioritäten muss uns echt mal jemand erklären!
Auf der ganzen Welt gibt es mutige und engagierte Bürgermeister, Politiker, Verwaltungen und Initiativen, die sich für lebenswerte Städte einsetzen. Ein großer Teil davon ist oft die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) durch diverse Maßnahmen. Die allermeisten davon werden anfangs kritisch betrachtet – aber sobald sie eingerichtet sind, werden sie von der Mehrheit gut gefunden und man kann sich nur schwer vorstellen, wie es davor mal war.
Als informierter Mensch kriegt man ständig von Zeitungsartikeln oder Studien mit, die dieses Engagement beschreiben. Manche Maßnahmen sind dabei sehr ausführlich und breit angelegt, andere sind lediglich kleine punktuelle oder zeitliche Verbesserungen. Kurze Zeit später verblasst diese Info im weltweiten Datenstrom und ist dann oft kaum wieder aufzufinden.
Wir haben in den letzten Wochen und Monaten mal einige dieser Informationen zusammengesammelt und wollen daraus eine Art Kompendium erstellen. Bis es soweit ist, stellen wir in einem Adventskalender jeden Tag mal eine dieser Informationsperlen vor. Nach Weihnachten lassen wir dann die Bombe platzen, vervollständigen das Projekt und veröffentlichen es dann unter dem Namen 100 Städte.
seit vielen Monaten wird in der Nähe des Berliner Platzes gebaut. Dort entstehen die Rosenberg-Höfe, neue Wohnungen mitten in der Stadt.
Die meisten Radfahrer, die an der Baustelle weiterhin vorbei fahren dürfen, werden das vermutlich so gemacht haben, wie bisher: einfach geradeaus über die Kreuzung und die Breitscheidstraße weiter entlang fahren.
Wenn man sich jedoch die Beschilderung anschaut, die sich die Stadt Stuttgart hierfür ausgedacht hat, wird einem verwundert der Mund offen stehen bleiben.
Es geht damit los, dass man vom Berliner Platz kommend ein Umleitungsschild (im grünen Kasten) sieht. Man weiß aber nicht so genau, wofür das eigentlich gilt. Der kleine grüne Pfeil zeigt mir das bekannte Fuß- und Radweg-Schild genau dort, wo man eigentlich hin fahren möchte. Erst wenn man erkennt, dass das „Fahrrad frei“-Schild unter dem blauen Doppelpfeil durchgestrichen ist (auch mit grünem Pfeil markiert), kann man sich denken, dass es tatsächlich irgendwie für die Radfahrer*innen gelten sollte.
Nagut, dann machen wir uns mal auf die Umleitungs-Reise – es wird ja hoffentlich nicht so lange dauern. Gegenüber kann man ja schon die nächsten gelben Schilder (großer grüner Pfeil) sehen…..
die Umleitung beginnt
In der Tat ist das nächste gelbe Umleitungsschild (grüner Kasten) wieder für uns Radfahrer*innen. Wir werden jetzt wieder zurück nach rechts geführt, wie das nächste Umleitungsschild (grüner Pfeil) nur wenige Meter weiter zeigt.
Verwunderlich ist nur der mausgraue Poller (lila Pfeile) mitten im Radweg. Er hat keinerlei Reflektorfolien oder sonstige Objekte angebracht, die ihn in Dämmerung oder nachts sichtbar machen. In anderen Städten (z.B. hier auf twitter genannt) würde so etwas als „gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr“ gelten und eine Strafverfolgung nach sich ziehen. In Stuttgart gilt offenbar nur wieder die alte Regel: „das sind ja nur Radfahrer*innen, die müssen halt selbst aufpassen“.
oha, ein völlig ungesicherter Poller
Jetzt kommt so langsam Licht ans Ende des Umleitungs-Tunnels. Man kann das Fuß- und Radweg-Schild schon wieder sehen. Und das Umleitungsschild führt uns auch in diese Richtung. Der grüne Pfeil zeigt auf das Umleitung-Ende-Schild. Wie man das erreichen soll, wenn man in Richtung Radweg fahren will, ist zwar sonderbar und rätselhaft. Aber so ist die ganze Umleitung vermutlich auch ganz gut beschrieben.
nur noch einmal abbiegen
Wenn man jetzt mal ein paar Schritte zurück geht (und somit wieder fast am Anfang der kleinen Odyssee steht), sieht man den Schilderwald etwas genauer. Ja, die Umleitung ist hier vorbei. Anstatt einmal gerade über die Kreuzung zu fahren musste man nun einmal links abbiegen, dann recht, dann einen schlecht sichtbaren grauen Poller umfahren und dann nur noch einmal (irgendwie?) links zurück in den Fuß- und Radweg einbiegen.
geschafft
Das war ja mal wieder einfach!
Der/die gemeine Radfahrer*in wird sich diese Schikane wohl sparen und einfach geradeaus über die Kreuzung fahren. Dadurch werden all diese kriminalisiert. Ob das von der Stadt willentlich mit Absicht oder aus Unwissen und Ignoranz passiert, ist uns natürlich nicht bekannt.
Andere wundern sich darüber, dass die Stadt Stuttgart auf der einen Seite jammert, dass sie angeblich sooooo viel zu tun hat (hier z.B. hier in der Stuttgarter Zeitung) und andererseits mehrere Leute damit beschäftigt sind, solche Umleitungen zu planen, zu genehmigen und dann auch noch umzusetzen.
Und wer sich noch ein bisschen wundern will, kann noch ein bisschen die „Radfahrer frei“-Schilder (lila Pfeile) anschauen und sich fragen: darf man jetzt mit dem Rad durchfahren oder nicht?